Es war alles so seltsam. Da stand sie in einer Umgebung, die für sie früher nie infrage gekommen wäre, ließ sich von einem Unbekannten mit Maske ausfragen und empfand dabei keinerlei Widerwillen. Ganz so, als wäre sie gezielt deswegen hierhergekommen, als gehöre sie schon immer hierher, hätte es nur bisher nicht gewusst. Dieser Maskenball der besonderen Art bringt sie zur Erkenntnis ihrer Gefühle. Und endet in einer unerwarteten Überraschung.
Sie fand ihn toll, den Typen, der da am Tresen der Bar stand, ihr gegenüber. Ein markantes rechtsseitiges Profil, sehr männliche, kräftige Hände, breite Schultern. Er bewegte sich kaum, außer, wenn er das Whiskyglas aufnahm.
Sie war gerade erst herein gekommen, auf dem Heimweg von der Arbeit. Sie war oft hier auf einen schnellen Drink, bevor sie in die Einsamkeit ihres kleinen Appartements zurückkehrte, das ihr seit Hartmanns Tod und der Zwangsversteigerung ihres gemeinsamen Hauses als Bleibe diente. Runterkommen nannte sie das für sich. Ihre Arbeit war stressig, die Mitarbeiter reserviert. Freunde hatte sie hier auch keine, war in diesen Ort nur gezogen des Jobs wegen, den sie dringend benötigte. Nur mit einer Kollegin verstand sie sich leidlich, die ihr heute beim Weggehen eine Visitenkarte in die Hand gedrückt hatte, die sie jetzt noch einmal aus ihrer Handtasche kramte.
Whipped Cream Club las sie da. Ihr Englisch reichte aus, um das als Schlagsahneclub zu übersetzen, allerdings waren rechts und links von diesem Logo je zwei gekreuzte Reitgerten abgebildet, die eindeutig auf eine andere Bedeutung dieses Begriffs schließen ließen. Darunter stand: Special Event: Spiel der Masken. Darunter eine rote und eine schwarze Maske, das heutige Datum, die Uhrzeit: Einundzwanzig Uhr. Meine Güte, dachte sie, lädt sie mich zu einem SM-Club ein? Ausgerechnet Sonja? Das hätte ich ihr nie zugetraut.
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