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Gothic. Oder: Ich liebe, du liebst, er sie es liebt

Eine BDSM-Geschichte von Nachtasou.

Bis vor Kurzem hätte ich nicht einmal sagen können, was einen Masochisten ausmacht. Mehr als Klischees waren mir nicht bekannt. Und danach, mit einem Hundehalsband auf dem Boden zu robben, war mir beileibe nie. Die wenigen Stunden mit Beate haben mich davon überzeugt, dass viel möglich ist, wenn es geschieht. Und sich Beates Willen zu beugen, fällt nicht schwer.

Alles begann auf K.s Geburtstag. Vor der Feier seines runden Datums waren wir zu dritt essen. Beate war mir bis dahin unbekannt, und neugierig begann ich sie zu beäugen. Sie war frisch verlobt, was mir das unbeschwerte Flirten erleichterte. Zu meiner Freude stellte sich Beate darauf ein, erst widerstrebend, aber das gehört ja zum Spiel. Sie ist eine von den Frauen, die kaum ins Auge fallen: Hochgewachsen und schlank, mit dunkelbraunen Haaren in altmodischer Länge und mit zeitlos bequemer Kleidung. Blasse Lippen gehören dazu, und natürlich ist sie zur Hosenträgerin geboren. Nein, nicht burschikos; verhalten, mit biegsamem Rücken und irgendwie ungelenken Armbewegungen. Vielleicht ist das eine Marotte aus ihrer Jugendzeit, als allen Altersgenossinnen die Brüste schwollen und die Beates als kleine Kegelchen im Wachstum stoppten

Frauen wie Beate sind immer zwischen Mitte zwanzig und Mitte dreißig, aber das mag auch an meiner Wahrnehmung liegen: es kann sein, dass sie sich beim Älterwerden auf einmal drastisch verändern und von mir gar nicht mehr wiedererkannt werden. Alles Weitere ist Phantasie, denn obwohl ich in meinem Leben vier Frauen dieses Typs nah kennen gelernt habe, habe ich keine davon je ausgezogen gesehen. Selbst Beate hat sich an dem denkwürdigen Abend nicht ganz nackt vor mir gezeigt.

Wenn Beate lacht, bewegt sie kaum den Leib, weil sie sich auch mimisch zurückzuhalten gewohnt ist. Ihr Kennzeichen ist der konzentrierte Blick. Beim Zuhören fixiert sie ihren Gesprächspartner unentwegt, geradezu starr wirkt dieses Zuviel an Aufmerksamkeit, bis es dem Redner unwohl wird und ihm die Augen zu tränen beginnen, weil Beate selbst so selten ihre Augen befeuchtet. Ihre Augen glänzen, als seien sie von Natur aus traurig. Als ich beim Essen neben ihr saß und uns wegen der scharfen Küche warm wurde, krempelte Beate ihre Ärmel hoch. Zum Vorschein kamen zwei wörtlich ellenlange Unterarme, die ungewöhnlich gerade wirken. Freilich, ihre Unterarmlänge korrespondiert nur zur Körpergröße von einsfünfundachtzig. Und doch, Elle und Speiche verleihen ihren Armen ein kantiges Aussehen, weil die Fettreserven fehlen.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Wodin

Autor. Förderer.

14.05.2020 um 01:42 Uhr

Sehr fein geschrieben und mit vielen kleinen Details garniert. Wenn es nicht schon geschehen wäre, würde ich spätestens jetzt den Masochisten in mir entdecken.

corvus corax

Profil unsichtbar.

22.11.2016 um 12:25 Uhr

Danke für diese Geschichte, die ich als dicht, packend, spannend, glaubwürdig und rätselhaft empfunden habe. Muss man Masochist sein, um so empfinden zu können? Ich fühle mich in der Welt Deiner Worte fremd und vertraut zugleich. Solltest Du das wirklich erlebt haben, so sei Dir mein wohlwollender Neid gewiss. Welch ein Privileg, einem solchen besitzergreifenden, blutsaugenden Urweib zu begegnen, mit seiner archaischen Kraft und seinen neuzeitlichen Verletzungen und Narben. Rätsel müssen nicht gelöst, sie können hingenommen werden. Schöner Stil, bildhaft, gefühlvoll, lebendig.

Warum tut Mann so etwas, ist es nicht riskant? Ich würde ewig bedauern, es nicht gewagt zu haben.

Um wirklich etwas qualifiziertes sagen zu können, muss ich das Gesehene sacken und wirken lassen. Auch über den Titel muss ich nachdenken. Ich freue mich schon auf Deine anderen Geschichten.

Gelöscht.

08.08.2016 um 23:30 Uhr

Schöne fesselnde Geschichte, die gut geschrieben auf den Höhepunkt zuarbeitet. Schön hingesteuert auf das unvermeidbare stillen der Lust auf Befriedigung.

Gelöscht.

06.07.2016 um 00:47 Uhr

Die Geschichte gefällt mir sehr gut, weil sie Erotik und Gefahr in so wunderschöne Worte kleidet.

Lucia

Profil unsichtbar.

12.06.2016 um 13:29 Uhr

Auch wenn dieses Szenario nicht meins ist, geschrieben und beschrieben ist es klasse und sehr intensiev!

Gelöscht.

29.05.2016 um 00:13 Uhr

Tolle Geschichte gratuliere

15.05.2016 um 03:05 Uhr

Es ist eine intensive Geschichte und ich finde es gut, dass Du sie aufgelöst hast: „...bizarre Freude erlebt hatte, deren Zusammenspiel mit Beate mir unverständlich geblieben ist.“ Mir als Leser, dem da noch einiges unklar über das Innere von Beate erscheint, nimmst Du es damit ab, weiter zu rätseln. Soviel kann dahinter stecken: von einfach nur schön (auch wenn man in der Realität so etwas unbedingt absprechen sollte und jeder seine Grenzen hat) bis zu etwas, wofür ich hier keine Worte finden möchte. Vermutlich ist es irgendwo der dazwischen. Nein, einfach nur schön kann es nicht sein, dazu vermisse ich Konsens. Auch wenn am Anfang ein Konsens gegeben wurde, bezog er sich bestimmt nicht auf diese Intensität. Hier fühle ich mich sehr unbehaglich. Konsens ist mir wichtig.

 

Da hat alles so wunderschön symbolisch mit den hingestreckten Händen und dem zeremonischen Akt der Fesselung. Diese Szene habe ich geliebt.

 

Was bleibt ist eine SM-Szene mit einer Unbekannten, die sehr fragwürdig verlief. Für mich als Leser bleibt die Frage, wie gut ich jemand kennen muss, bevor ich mich ihm anvertraue. Kann man jemand überhaupt vorher genug kennen, oder ist nicht immer Risiko dabei? Irgendwie ist es das, worüber ich jetzt grüble. Warum nimmt das den Ich-Erzähler nicht mehr mit? Sicher ist es ehrenhaft nur mit dem Wohl der Dame beschäftigt zu sein, aber was ist mit seinem eigenen Vertrauen? Nur, weil alles gut ausgegangen ist, heißt das nicht, dass hier keine Grenzüberschreitung stattgefunden hat.

 

Und nein, ich glaube nicht, dass ein Waschbecken so etwas aushält.

poet

Autor.

14.05.2016 um 12:04 Uhr

Tja, warum gefällt mir diese Geschichte "sehr gut"? Ich muss sie erst ein wenig verdauen, denn es ist nicht so sehr der Inhalt, der spricht mich weniger an. Was mich fasziniert, ist die Sprache, diese unglaublich präzise Darstellung von Reflexion. Die nimmt gefangen und lässt einen bedauern, wenn man den letzten Satz erreicht hat, obschon das Geschehen sehr schlüssig abgerundet ist.

Berücksichtigt wurden nur die letzten Kommentare.

Zu allen Beiträgen im Forum zu dieser Veröffentlichung.