Feldmanns Päckchen
Eine BDSM-Geschichte von Robert S
Platz 6 im Schreibwettbewerb "Das Päckchen" (Link).
Sebastian Feldmann stand an seinem Wohnzimmerfenster im dritten Stock der Münchener Vorstadt. Hin und wieder bog ein Auto in die Straße ein. Dann sah Feldmann Scheinwerferlicht, das sich auf der nassen Straße spiegelte, und nach dem Vorbeifahren Sprühnebel, der hinter dem Heck des Fahrzeugs wirbelte. Einzelne Menschen liefen auf dem Gehweg, nah am Haus vorbei. Durch ihre Regenschirme wirkten sie von oben wie wandernde Pilze.
Feldmann sah zur Uhr. Bald musste das Postauto kommen.
„Ich lasse dir das Zeug schicken, Basti“, hatte die harte Herta gesagt. „Es gibt einen Spezialshop, die stellen alles zusammen.“
Basti, dachte Feldmann. Die harte Herta nannte ihn immer Basti. Das klang nach Basteln, kleinen Handarbeiten mit Bast, nach infantiler Fummelei. Sebastian klang schon blöd, aber Basti war entsetzlich.
„Soll ich das Päckchen direkt an dich, Basti, oder lieber an deine Vermieterin, die Annemarie Schlaghuber schicken?“, hatte die harte Herta gefragt.
Basti, immer wieder Basti! Konnte sie ihn nicht einfach Schwein, Dreckshund, elende Sklavensau nennen? Und die Idee, das Päckchen an seine Vermieterin, die Frau Schlaghuber zu senden, war der blanke Sadismus. Manchmal war die harte Herta gemeiner, als sich Sebastian Feldmann wünschte.
Immer noch kein Postauto. Es wäre gut, wenn das Päckchen heute käme, dachte Feldmann. Morgen gäbe es noch die Möglichkeit, da war Samstag, aber am Montag saß er wieder im Amt. Dann würde sicher Annemarie Schlaghuber das Päckchen für ihn annehmen. Seine Vermieterin war neugierig. Nicht auszudenken, wenn sie die Sendung heimlich öffnete. Es genügte sicher schon, den Absender im Internet einzugeben. Nein, das Päckchen musste er, der Basti, selbst annehmen.
Die harte Herta überzog manchmal. Was hatte ihre Drohung mit Annemarie Schlaghuber noch mit einer Session zu tun? Bei einem guten alten Kunden Angst vor seiner Vermieterin zu erzeugen, war nicht geil. Aber so war sie, die harte Herta, die mit bürgerlichem Namen Sabine Semmelgrau hieß und sich in ihrem Beruf als Domina Helen von Whipland nannte. Wenn die hohe Frau von Whipland wüsste, dass Feldmann sie in Gedanken die harte Herta nannte! Mein Gott, was würde sie mit ihm machen, wenn ihm versehentlich dieser Name herausrutschte.
Da! Das Postauto. Sicher saß der freundliche Pole drin. Dem gab er immer einen Euro, wenn er ein Paket für ihn die Treppe hochtrug. Feldmann schlüpfte in seine Haussandalen. Er würde unten den Postmann abpassen, das Päckchen entgegennehmen. Zu riskant, dass es in die Hände seiner Vermieterin fiel. Leise zog er die Wohnungstür zu, stieg vorsichtig das Treppenhaus hinunter. Drei Türen gab es auf jeder Etage und unter ihm, auf der anderen Seite des Treppenhauses, wohnte Annemarie Schlaghuber. Sebastian ging an den drei hohen Holztüren vorbei, die wie wachende Riesen ins Treppenhaus starrten, bemühte sich, das Knarren der alten Stufen zu vermeiden, als er schräg hinter sich ein Schloss metallisch klingen hörte. Er drehte sich um, sah seine Vermieterin wie einen Schachtelkasper aus ihrer Tür schnellen.
„Ach, so ein Zufall, Herr Feldmann!“, begrüßte sie ihn. „Geht es Ihnen gut? Mir ist aufgefallen, dass Sie bei der Hausordnung meist eine Kleinigkeit übersehen.“
Feldmann erstarrte, bemühte sich, so zu schauen, als würde er sich freuen, seine Vermieterin zu sehen. Frau Schlaghuber blickte ihn prüfend an. „Sie sehen nicht gut aus. Was haben Sie? Gesichtslähmung?“
„Nein, nein, es ist nur, der Paketdienst kommt gleich vor der Tür.“
„Ja, den habe ich auch gesehen“, sagte Frau Schlaghuber. „Aber hier, das müssen Sie besser machen.“ Sie zeigte auf das Treppengeländer. „Sehen Sie, die hölzernen Stäbe sind glatt, da setzt sich kein Staub ab. Auch der Handlauf ist pikobello. Aber unten, da, zwischen den Stäben, am Rande der Stufen, da wischen Sie nicht gründlich. Sie erwarten sicher nicht, dass ich das auch noch mache? Wissen Sie, was ich hier alles mit Verwaltung, dem Haus und Mietangelegenheiten zu tun habe? Ich komme kaum noch mit meinem eigenen Haushalt hinterher.“
„Ich werde es nachholen und beim nächsten Mal berücksichtigen“, sagte Feldmann, zeigte nach unten, setzte ein bedauerndes Gesicht auf, als täte es ihm leid, jetzt loszumüssen. „Mein Paket, Frau Schlaghuber, Sie verzeihen. Danke für den Hinweis.“
Er eilte nach unten.
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