Dachbodengedanken
Eine BDSM-Geschichte von Campanula
Platz 3 im Schreibwettbewerb "Spuren" (Link).
Beim Entrümpeln des Dachbodens bin ich auf die Kiste gestoßen, in der mein ungelebtes Leben liegt. Eine dicke Staubschicht bedeckt den Karton. Das rote Glanzpapier ist ganz matt von all den Jahren, in denen der Deckel nicht mehr gehoben wurde. Feine Staubpartikel tanzen durch die Luft, als ich sacht darüber puste. Mein anderes Leben. Das Leben mit ihm.
Ich öffne den Deckel und mein Blick fällt auf die handgeschnitzte Schreibfeder. Schlank und schmal ist sie, gefertigt aus Zedernholz, gekrönt von einer kupferfarbenen Halterung. Behutsam nehme ich sie in die Hand und streiche über das glatte Holz. Einst hätte dieser schlichte Gegenstand beinahe meine Beziehung zerstört. Als ‚Sargnagel unserer Liebe‘ hat David ihn damals bezeichnet und darauf bestanden, dass ich ihn in den Müll werfe. Zuletzt, als ich endlich bereit war, seinem Wunsch zu entsprechen, hat er ihn mir aber doch gelassen. Und so ist diese Feder schließlich hier gelandet, in einer Kiste voller Erinnerungen.
Ob er wohl manchmal an mich denkt?
Ob er glücklich ist?
Ich wünsche ihm Glück, von ganzem Herzen, auch wenn es mir immer noch einen leisen Stich versetzt, dass nicht ich diejenige sein konnte, die ihn glücklich macht.
Hätte ich ihn denn glücklich gemacht?
Bis heute habe ich keine Antwort auf diese Frage. Wer weiß, ob ich in der Lage gewesen wäre, seinem Hass und seiner Verachtung standzuhalten - oder auch dem Schmerz, dem er mich sicher ausgesetzt hätte. David schlägt mich manchmal mit der flachen Hand, weil er weiß, dass mich das erregt, und es ihm gefällt, mich unter seinen Hieben zerfließen zu sehen. Aber er hat kein Bedürfnis, mir weh zu tun. Er tut es, weil es zu meiner Art der Erotik dazugehört, so wie ich eine bestimmte Art der manuellen Stimulation brauche, um zum Orgasmus zu kommen. Wahren Sadismus habe ich nie kennengelernt.
Bis heute bin ich mir unsicher, ob ich tatsächlich devot veranlagt bin oder ob sich meine Neigung auf erotische Geschichten und Fantasien beschränkt. Hätte der Mann, der mir einst diese Feder geschenkt hat, verborgene Seiten in mir freigelegt? Oder hätte ich umgehend meine Koffer gepackt, sobald ich zum ersten Mal mit seinem Rohrstock in Berührung gekommen wäre? Es ist müßig, mir darüber Gedanken zu machen. Ich werde es nie erfahren.
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