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Valentinas Erscheinung

Eine BDSM-Geschichte von Nachtasou.

Jeder Schritt hallt. Durch die haushohen Buntglasfenster fällt zu dieser späten Stunde kaltes Blau. Ab und zu streicht ein nicht abgeblendeter Lichtschein eines Autos darüber und bringt Sandstein-Figuren zum Tanzen. Valentina meidet den Mittelgang zwischen den Bänken, denn vorne müsste sie einen Knicks machen.

Hinter der dritten Säule ragt SIE auf dem Sockel auf; bescheiden, mit dem Rosenzweig um ihr Herz gewunden. Valentina spricht am liebsten mit ihr, die nachsichtig ist; mit der Nachgiebigen, der Verzeihenden, der Stillen. SIE hört zu, antwortet jedoch nicht. Worauf auch, es werden keine Fragen an sie gerichtet. Die Frau mit Kopftuch fröstelt, weil die Kälte im Gemäuer steckt und nähert sich der Statue. Hier drinnen steht die Zeit. Modrig riecht es nach Holz aus hunderten von Jahresringen. Was, wenn die Decke jetzt herabstürzte? Das wäre gar nicht schlimm. Valentina legt ein Fünfzigcentstück in das Bast-Körbchen und greift sich eine Kerze. Als das Wachs am Docht schmilzt, brodelt es auf und entscheidet sich, ein Flämmchen zu werden. Eine Handvoll solcher Lichte brennen bereits. An der Länge der Stumpen ist das Alter der Wünsche und Fürbitten abzulesen. Ein Messinghalter ist schon bis zum Sporn leergebrannt. Die Flammen wabern, wenn Valentinas weißer Atem sie berührt. Dann schaut sie auf, über sich die ausgestreckte Hand aus Gips und bittet für sich. Ein kurzer Satz ist es nur, den sie im Sinn hat. Ohne Verzug murmelt sie ein Ave Maria und dreht sich um zur Umkehr.

Valentina erschrickt, als sie der Gestalt hinter sich gewahr wird. Diese hat offensichtlich geduldig gewartet, bis sie fertig ist, das Gesicht zum Boden gesenkt unter der Kapuze. Valentina nickt, weil sich das so gehört. Die Person spricht Valentinas Namen aus. Nicht fragend, eher feststellend.

»Setz dich zu mir.«

Die Stimme ist unverkennbar männlich. Valentina hat in diesen Räumlichkeiten keine Angst, dass ihr etwas widerfahren würde. Sie faltet ihre Hände in den Schoß, wartet. Sie rechnet damit, dass sie ihn erkennen wird, sobald er sein Gesicht zeigt.

»Was gäbst du mir, wenn ich deinen Wunsch in Erfüllung gehen lasse?«

Sie flüstert: »Mein Herz.«

Die Gestalt strafft sich, um aufzustehen. Für einen Moment sieht sie seinen Mund, der zum Lächeln ansetzt. Kurz fällt die Verabschiedung aus, jeweils ein Nicken, dann werden seine Schritte auf dem Sandstein immer leiser. Hallend schlägt die massive Eingangstür zu. Valentina zieht ihr Handy aus der Handtasche und bestellt ein Taxi, denn zu Fuß mag sie nicht nach Hause laufen, und ihr Dienstwagen ist schichtweise in Benutzung.

 

Angekommen streckt Valentina ihren Kopf ins Schlafzimmer hinein, um den Geruch zu prüfen. Sergej schläft schon. Jetzt ist es sicherer, sich auf dem Sofa im Wohnzimmer niederzulassen. Sie macht sich fertig und setzt sich eine Weile an den Küchentisch. Dort lassen sich am besten die Beine hochlegen, um die Knie mit Arnika einzureiben. Auf ihre Beine hatte sie sich einmal etwas einbilden können. Sie zu zeigen war unschicklich. Einzig Sergej und ihr Hausarzt kennen ihre Schenkel. Nur ihre Gynäkologin und ihr Ehemann wissen, wie es dazwischen aussieht. Sergej muss es längst vergessen haben. Die letzten Jahre ist es mit ihm bergab gegangen. Valentina holt tief Luft, hält sie an, um sie stoßweise wieder abzulassen. Das macht sie, um sich zu beruhigen. Das hat man ihr in einer Reha beigebracht, als sie sehr erschöpft gewesen war. Das rät sie anderen inzwischen auch, zum Beispiel ihren Patienten.

Ihr fällt die Erscheinung von vorhin ein. Sie schüttelt darüber den Kopf, was sie so gedankenlos geäußert hat. Das muss sie sich eingebildet haben. Immerhin steht sie unter dem Schutz der Heiligen Jungfrau. Diese würde nie zulassen, ...

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Gelöscht.

19.03.2021 um 23:36 Uhr

Verstörend hat jemand vor mir geschrieben. Das triff die Situation. Diese Geschichte endete wie vom Autor gewollt. Es bleibt eine Gratwanderung. Ich sehe das weniger optimistisch. Ich sehe Missverständnisse und Anklagebank. Provokation ist auch ein legitimes Gestaltungsmittel. Danke dafür

Rebecca Loumé

Profil unsichtbar.

26.02.2021 um 11:35 Uhr

Sprachlich und bildlich zu Beginn mitreißend.

 

Inhaltlich für mich (als Kunstbanausin?) verstörend.

 

Danke dafür, dass Hirne hier auch auf Überforderndes treffen dürfen.

Tek Wolf

Autor.

13.02.2021 um 16:02 Uhr

Ein Text mit vielen emotionalen Wendungen und mehreren Ebenen, die man auf den ersten Blick kaum erkennt. Die Worte, Bilder und Begriffe sind teils bizarr ineinandergewoben, manchmal schwer zu deuten, aber man hat doch das diffuse Gefühl, dass es so sein muss. Ein letztendliches Urteil über den Text fällt schwer, doch ich habe ihn gerne gelesen. Danke, dass du ihn geschrieben hast.

Hans Bergmann

Autor.

10.02.2021 um 04:19 Uhr

Düster ist es in deiner Geschichte und ich denke, es ist immer noch viel heller als anderswo auf der Welt, und intensiv ist der Text und er riecht nach Weihrauch, nach Decke drüber und Verborgenem und intensiv ist Valentinas Sehnsucht zum Licht, die aber nicht durchdringt, denn sie weiß es ja selbst nicht so genau und vielleicht fehlt Liebe zum Licht, das nicht angeht.

Onmymind

Autorin.

01.02.2021 um 00:33 Uhr

Nachtasou schafft es immer wieder mich gleich anfangs in seine Geschichten hineinzuziehen. Ich nehme daran teil. Ein Film im Kopf. Valentinas Weg wird atmosphärisch dargestellt. Keine zu ausschweifenden Begebenheiten werden dargestellt, sondern Wichtiges im Detail. Das kann nicht jeder und bedeutet für mich, mit wachem Geist bis zum Schluss gespannt zu bleiben. Der Satz, als sie in der Kirche ist: „Valentina meidet den Mittelgang zwischen den Bänken, denn vorne müsste sie einen Knicks machen“, hallt in mir nach. Sie kniet nicht einfach, es muss eine Bedeutung haben. Ein Fremder wird ihren Wunsch, denn sie der heiligen Jungfrau zuflüstert, erfüllen. Valentina gibt ihm dafür ihr Herz. Ein Versprechen, dass sie dem Fremden, der sie gehört hat, unbedarft gibt. Später, als sie zu Hause ist, glaubt sie an eine Einbildung, denn ihre Realität sieht anders aus. Prüde, bedeckt, mit ihrer Ehe geht es schon lange bergab.

In ihrem stressigen Job, kann sie nicht umhin, immer wieder an den Fremden in der Kirche zu denken. Als sie einen neuen Patienten besucht, öffnet ihr anstelle dessen ein stattlicher Herr. Sie weiß noch nicht um die Bedeutung dieser Feststellung. Und während sie mit dem Mann in der Küche sitzt und wartet, erfahre ich etwas über Valentinas Vergangenheit. Eine Fremde in der Heimat. Er hat so eine bestimmende, sanfte Art, die sie verwirrt. Es ist der Mann aus der Kirche. Er hat sie belauscht, weiß von ihren geheimen Wünschen. Auch ihr Ehemann ist bestimmend, aber keinesfalls sanft. Ihm muss sie gehorchen, weil es sich so gehört. Widerwillig lässt sie sich fotografieren. Was dann geschieht, will ich nicht Spoilern. Nur so viel: Sie wird zu seinem „Schweinchen“, ein Wort, das mir wohlig auf der Zunge klebt, denn sie wird zu seinem Besitz. Die Erotik zwischen den beiden träufelt praktisch aus dem Bildschirm (hrrr!).

Es gibt so Momente, da möchte ich den Autor oder die Autorin kennenlernen. Reden, oder auch mehr. Wer weiß das schon? Dies war so ein Moment. Alpha heißt Anfang, fragt Valentina, obwohl sie es weiß. Ich weiß es auch und mein Resümee ist: Leider kann ich nur fünf Sterne vergeben.

poet

Autor.

31.01.2021 um 17:57 Uhr

Nur zwei Gedanken:

Mir gefällt dein Stil sehr.

Die Handlung ist mir zu unglaubwürdig.

Meister Y

Autor. Förderer.

26.01.2021 um 14:12 Uhr

geändert am 26.01.2021 um 14:14 Uhr

Lieber Nachtasou wieder einmal lässt Du uns eine ganz feine Geschichte lesen, die man nicht überfliegen kann, die man wirklich lesen muss!

Menschen wie Valentina gibt es sicherlich viele. Sie hatten die Hoffnung das große Geld zu verdienen, Familien versorgen zu können wenn sie in die Fremde gehen. Ohne sie, dass kann gar nicht oft genug gesagt werden, würde eine Branche, auf die es heute mehr denn je ankommt, im reichen Deutschland kaum funktionieren. Besch... bezahlt, von der Gesellschaft, zumindest vor Corona, kaum geachtet, leisten sie oft großartiges.

Valentina tut das, was viele von ihnen tun, sie sucht Kraft im Glauben. Gerade als sie, vielleicht zweifelnd, verharrt, spricht ihr jemand Mut zu.

Dann passieren Dinge, die ihr neue Wege öffnen, die ihr Leben ändern können, wenn sie sich darauf einlässt. Ja, es kann ein Anfang sein, wünschen wir ihr, dass es gut geht.

Danke für Zeilen, die mir wirklich gut gefallen haben!

Hekate

Autorin.

25.01.2021 um 14:43 Uhr

Subtile Energie, ein kräftiger Strom, der deinen Text treibt wie deine anderen Texte. Wortspiele und Verstecken, Charaktäre sind nicht vorgegeben, bilden sich aus Handlung, Denken, Rede. Schade, dass ich noch kein Geschichtenbuch eines Nachtasou las. Nichts für Schnellleser und Szenenscanner. Pusten musste ich über den Text, warten, bis der  Nebel weggeht.  Dann zeigt sich die Geschichte, die Valentina, in Deinem Kunststück.

Berücksichtigt wurden nur die letzten Kommentare.

Zu allen Beiträgen im Forum zu dieser Veröffentlichung.