Ein Entscheidungsprozess
Eine BDSM-Geschichte von hexlein
Sag mal, was tust Du da eigentlich?
Ich? Ach, nichts...
Komm, erzähle mir nichts. Ich kenne Dich so gut und schon so lange. Dass es in Dir nicht rumort, dass gibt es ja gar nicht.
Du hast ja recht. Ich versuche, etwas zu begreifen und zu erfassen, was wir in den letzten Tagen von dem Mann, in den wir verliebt sind, zu hören bekommen haben. Es geht mir nicht mehr aus dem Sinn.
Und was? Das kann ja nicht so wichtig sein. Ihr unterhaltet euch den ganzen Tag nur über Kleinigkeiten und Verrücktheiten. Ihr benehmt euch wie zwei alberne Teenager. Man sollte nicht meinen, dass Ihr beide erwachsen seid. Und ich, ich leide darunter. Ich muss die ganze Arbeit alleine machen. Doppelt so schnell denken, wenn ich denn mal eine Chance bekomme und ihr beide mich nicht die ganze Zeit vollquasselt.
Oh, verzeih. Aber es ist doch so schön. Ich genieße dieses Gefühl so sehr. Dieses Gefühl, begehrt zu werden. Dieses Gefühl, die Einzige zu sein. Dieses Gefühl gibt er mir halt. Und mir wird dann immer so warm.
Ist ja schon gut. Sag mir lieber, was Dich denn so sehr beschäftigt, dass Du mich hier bei der Arbeit schon wieder mal nicht unterstützen kannst.
Also gut... Er sprach doch davon, mit uns in die Öffentlichkeit eines Treffens von Gleichgesinnten zu gehen und uns dort an einem Gitter mit Manschetten zu fixieren und da einfach „abzugeben“.
Sag mal, spinnt der?
Wieso?
Also, wir sind doch kein Stück Fleisch, dass der Metzger ins Schaufenster hängt, damit es Kunden anlockt.
Moment mal, ich glaube nicht, dass dies seine Absicht ist.
Wie kommst Du denn auf das schmale Brett? Er lässt uns da einfach hängen, den Blicken der gaffenden und sabbernden Menschen ausgesetzt, und Du willst ihn da auch noch verteidigen?
Das hat doch nichts mit verteidigen zu tun. Und auch nicht mit gaffenden Menschen. Glaube ich jedenfalls. Hoffe ich.
Hoffen? Oder Wissen? Oder Glauben? Was jetzt? Mein Gott, bist Du kompliziert.
Bin ich gar nicht. Nur er, er bringt mich dazu, über Dinge nachzudenken, an die ich sonst im Traum nicht gedacht hätte.
Lüge mich doch nicht an. Hey, dafür kenne ich Dich einfach zu gut. Das funktioniert einfach nicht. Wir beide haben doch schon diese Phantasie gehabt, dass ein Mann uns in der Öffentlichkeit präsentiert. Und Du hast gesagt, dass Du glaubst, dass es Dir gefallen würde. Sei ehrlich.
Ja schon, aber das war halt nur in unserer Phantasie. Nicht real. Und dieser Mann ist real und möchte das auch real. Und ich bin am Überlegen, ob ich das auch möchte.
Moment mal. Seit wann bist DU denn hier für das Überlegen zuständig? Das Denken übernehme doch immer ich!
Ach, lass uns nicht streiten. Das machen wir in letzter Zeit doch sowieso viel zu oft. Jetzt geht es doch erst mal nur um dieses eine Thema. Können wir uns denn vorstellen, so präsentiert zu werden?
Wenn es das ist, was er will. Uns präsentieren. Stolz sein auf uns. Das Begehren der Anderen in deren Augen zu sehen und in unseren Augen zu lesen, dass nur er derjenige ist, dem wir gehören. Wenn es das ist, was auch wir wollen. Was wollen wir denn? Sag mir, was wir fühlen werden.
Das weiß ich ja auch nicht. Und ich weiß, wenn ich unruhig werde, dass dann gleich Du wieder kommst und laut STOP rufst. Deshalb versuche ich ja mal selber nachzudenken.
DU und denken? Das wäre das erste Mal. Du, das reine Gefühl.
Lass mich. Du bist gemein. Ich bin doch hier für die wichtigen Entscheidungen zuständig. Du lieferst doch nur die Fakten und präsentierst sie dann. Was mit diesen Fakten geschieht, das entscheide hier immer noch ich.
Da hast Du recht. Okay, dann präsentiere ich Dir hier mal die Fakten. ER lässt uns einfach da so hängen. Und dann? Wir werden von fremden Menschen angegafft. Wir werden eventuell von fremden Menschen berührt. Fremde Menschen sehen die Makel, die wir haben.
Aber er würde es doch nicht tun, wenn er nicht stolz auf uns wäre, er würde uns doch nicht präsentieren, wenn wir IHM nicht gefallen würden. Er würde doch nie zulassen, dass Andere in uns etwas anderes sehen als die Frau, die IHM gehört. Die Frau, die IHM Lust bereitet. Und die er gerne allen Anderen zeigen möchte.
Bist Du Dir da wirklich so sicher? Kann es nicht sein, dass er dies nur tut, weil er sich daran ergötzen will, wie Andere uns sabbernd und geifernd betatschen?
Nein, das würde er wirklich nicht zulassen. Er beschützt uns. Er will, was will er denn eigentlich?
Hmmm, ich glaube, ich habe es... Dieser Mistkerl... Er weiß genau, wie wir Beide ticken.
WAS? Was hat er gemacht? Das kann doch nicht sein, dass ich hier etwas nicht mitbekomme!
Oh doch, du Verstand, du... Ich, das Gefühl, habe es erkannt. Er will dies, weil er genau weiß, dass wir beide dieses Gefühl lieben werden. Du, weil Du verstehen wirst... und ich, weil ich es fühlen werde. Dass wir gerne uns präsentieren, dass wir gerne den Menschen zeigen: Hier, schaut, was wir sind... Wir sind SEIN. Und darauf sind wir stolz. Und dieses Gefühl der Macht, das wir dabei empfinden werden, diese Macht, die wir über Andere haben werden, die uns haben wollen werden und IHN um uns beneiden, aber alle nicht bekommen werden. Denn nur ER ist es wert, dass wir uns IHM schenken. Denn nur er hat die Macht über uns.