Kapitel 2 - Verdorbenheit
Er saß auf der untersten Stufe der steilen Treppe, die schnurgerade in den oberen Stock führte und fixierte beinahe regungslos den erleuchteten Bildschirm seines Smartphones. Nach ihrer bisherigen Erfahrung konnte sie sich sicher sein, dass er sie mit voller Absicht ignorierte, weshalb sie sich wortlos auf das schmale, königsblaue Kissen kniete, das er in der Mitte des Flurs - wie üblich - für sie bereitgelegt hatte.
Sehnsüchtig warf sie einen letzten Blick zu ihm hinüber. Das Hemd hatte er inzwischen gewechselt und trotz des gut geheizten Flurs ein schickes, schwarzes Sakko übergeworfen, wie ein Gentleman. Ha! Wohl eher Gentle-Dämon mit - was war sein merkwürdiger Begriff noch gleich? Ach ja! - D/s-Passion. Aber wirklich leiden musste bisher nur mein Hintern.
Etwas stutzig machte sie seine Bekleidung schon. Dermaßen elegant hatte er sich noch nie für sie herausgeputzt, es war fast so, als wollte er mit ihr fein ausgehen. Neben ihm lehnte griffbereit und voller Unschuld eine pechschwarze Reitgerte an der Wand, als wäre sie der normalste Gegenstand an diesem Ort. Ellie musste schlucken; sie wusste genau, wie zielsicher er damit umgehen konnte. Zum Glück ist es nicht der Rohrstock, der beißt so fies!
Sie hatte schnell gelernt, dass es nichts gab, was sie besser motivierte als der dünne, unscheinbare Holzstab. Mit teuflischer Geduld hatte Johann ihr damit eingebläut, was er in Sachen Disziplin und Aufmerksamkeit von ihr erwartete und dabei kaum von ihm Gebrauch machen müssen. Der erste, halbwegs leichte Schlag hatte schon für ausreichend Respekt gesorgt. Die Gerte war hingegen ein eher gutes Zeichen. Bisher hatte er sie nur verwendet, wenn er mit gebotener Strenge das bisherige Training kontrollieren und gegebenenfalls korrigieren wollte. Ein Freudenfest war das dennoch nicht, denn kaum etwas fühlte sich schlimmer für sie an, als ihn zu enttäuschen.
Nervös rutschte sie das Kissen zurecht, bis sie eine einigermaßen bequeme Position gefunden hatte, in der sie ihren Po mit geschlossenen Beinen auf ihren nackten Fersen absetzen konnte. Die Hände locker in den Schoß gelegt, schaute sie geradeaus, den schmalen Flur an der Treppe entlang, ohne etwas zu fokussieren. So weit wie möglich entspannte sie ihren Körper und ihre wilden Gedanken wurden allmählich leiser. Für sie war es jedes Mal befreiend, wenn sie stillhalten und warten sollte. Etwas anderes verlangte im Moment niemand von ihr, nicht mal sie selbst. Ihr Atem wurde langsamer und tiefer und ohne es wirklich zu wollen, entfuhr ihr ein erlösender Seufzer, der sie noch tiefer sinken ließ. Nun fühlte sie sich offen und bereit.
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