Die Austreibung des liederlichen Miststücks
Ich bestimmte über mein Leben, so war es immer schon gewesen. Ich sollte loslassen, hatte er gemeint. Loslassen. Als ob das so einfach wäre. Nie hätte ich gedacht, dass ich zu jenen Frauen gehörte, die nicht wissen, was sie wollen und vor einer Lösung davonlaufen.
Eine BDSM-Geschichte von Onmymind.
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Meine Schritte machten dumpfe Geräusche auf dem Asphalt. Ein Spaziergang hätte mich ablenken sollen. Es half nichts, ich hatte den ganzen Tag an Markus gedacht. Dabei glaubte ich immer, eine Realistin zu sein, die sich keinen Tagträumen hingab. Sollte ich mich auf diesen Mann einlassen? Ich hatte keine Lösung gefunden. Dieses UNS war eine Unbekannte. In der Mathematik stand eine unbekannte Größe für eine zu bestimmende Variable. Könnte ich doch meine Zukunft mit einer Variable bestimmen. Keine Überraschungen, klare Strukturen. Markus passte nicht in mein geregeltes Leben. Er wühlte mich auf, forderte mich heraus. Mir ging das alles zu schnell und doch, diese allumfassende Sehnsucht mich ihm zu unterwerfen. Weshalb bekam ich sein Bild nicht aus dem Kopf, als ich ihm völlig ausgeliefert war? Seine Hand an meiner Kehle, die zudrückte, meinen Atem kontrollierte, mich kontrollierte. Ich bestimmte über mein Leben, so war es immer schon gewesen. Ich sollte loslassen, hatte er gemeint. Loslassen. Als ob das so einfach wäre. Es war frustrierend. Nie hätte ich gedacht, dass ich zu jenen Frauen gehörte, die nicht wussten, was sie wollten und vor einer Lösung davonliefen. Ich schnaubte, stieg die Treppe nach oben.
In diesem Augenblick lenkte mich mein Nachbar, seines Zeichens miesepetriger Klavierlehrer, davon ab, dass ich mich komplett zum Narren machte. Er stand gebückt vor seiner Haustüre, hantierte mit den Schlüsseln herum und fluchte dabei lautstark, dass er ohne Brille nichts sehen würde.
»Ich helfe Ihnen«, sagte ich ohne Einleitung, sodass er erschrocken hochfuhr und die Schlüssel fallen ließ. Seine linke Hand presste er dabei verkrampft auf seinen Brustkorb.
»Verflixt und zugenäht! Wollen Sie, dass ich mit meinen 84 Jahren einen Herzinfarkt bekomme?«, fuhr er mich an. Trübe Augen musterten mich von oben bis unten.
Ich wusste, was er sah. Eine Frau mit akkurat gebügelter Bluse, Bundfaltenhose und bequemem Schuhen. Eine Frau, die ihr Spiegelbild nicht mochte, weil es das Ebenbild ihrer Mutter war. Einer Mutter, die sich für Alkohol verkaufte und ihre Tochter sträflich vernachlässigt hatte. Den Geruch von Aceton im Schlafzimmer würde ich nie vergessen. Schon als Kind musste ich lernen, auf mich selbst aufzupassen, weil es kein anderer getan hatte. Mein Reinlichkeitstick, ständig alles unter Kontrolle haben zu wollen, all dies war ein Überbleibsel meiner verpfuschten Kindheit. Unzählige Verhaltenstherapien und jetzt Markus, der meine Ordnung im wahrsten Sinne des Wortes durcheinanderbrachte. Ich mochte keine Veränderungen. Dass Markus etwas Begehrenswertes in mir sah, konnte ich nicht verstehen. Es mussten wohl die Gegensätze und meine lächerliche Reaktion auf ihn sein. Wahrscheinlich lachte er heimlich und dachte sich, dass er Frau Neunmalklug zeigen müsse, wer hier die Hosen anhatte.
Mein alter Nachbar hatte eine Glatze, nur ein paar Härchen lagen mit Pomade an seinen Kopf geklebt. Obwohl er kleiner als ich war, sagte das wenig über seine Größe aus. Als trüge er eine schwere Last auf den Schultern, war seine Haltung gebeugt. Sein weißes Hemd war bis oben zugeknöpft und steckte in einer dunkelgrauen Hose, die mit Hosenträgern gehalten wurde. Seine schwarzen, polierten Schuhe glänzten in der Abendsonne.
»Nein, ich wünsche Ihnen keinen Herzinfarkt auch nichts anderes, schließlich kennen wir uns nicht.« Ich bückte mich und hob die Schlüssel auf.
»Finger weg!«, fauchte er, klopfte mir grob auf die Finger und riss mir dabei die Schlüssel aus der Hand. Fassungslos, dass er tatsächlich handgreiflich geworden war und noch so viel Kraft in seinen durch feine Adern durchzogenen alten Händen steckte, starrte ich ihn wortlos an. »Ich brauche niemanden«, knurrte er, als würde das sein Benehmen erklären.
»Das dachte ich auch, trotzdem bin ich hier und muss mich mit meinen Problemen herumschlagen.«
»Was soll das? Sehe ich aus, als würde mich das interessieren? Wer sind Sie überhaupt?«
»Ich heiße Elisabeth. Meine Wohnung ist schräg gegenüber.«
Er sah mich von der Seite an, als wäre ich grenzdebil und schloss schneller, als ich ihm zugetraut hätte, die Türe auf und schmiss sie vor meiner Nase zu.
Perplex stand ich da, sammelte mich kurz und läutete anhaltend. Den Finger auf der Türglocke hörte sich das dumpfe schrille Geräusch trotz geschlossener Türe extrem laut an. Ich zählte in Gedanken die Risse im bröckeligen Putz. Bei achtzehn angelangt, riss er die Türe auf und fauchte mich an:
»Was!«
»Ich bewundere Ihre Ausdauer. Nicht viele könnten bei dem unerträglichen Lärm so lange durchhalten.«
»Sind Sie verrückt?«
»Eine gute Frage, die ich mir oft gestellt habe, aber nicht beantworten konnte. Vom Standpunkt Außenstehender betrachtet, würde ich eindeutig sagen, ja. Persönlich bin ich da zwiegespalten, je nach Tagesverfassung und Momentaufnahme.«
»Was wollen Sie von mir?« Er fuhr sich frustriert über die Glatze, sodass seine angeklebten Härchen grotesk abstanden.
»Geben Sie mir Klavierunterricht.«
»Ich spiele nicht mehr.«
»Blödsinn, ich habe Sie spielen gehört.«
»Na wenn schon. Das waren Zustände geistiger Umnachtung. Auf keinen Fall unterrichte ich noch einmal. Ich ertrage keine Kinder mehr und das stümperhafte Geklimper anderer Möchtegernpianisten, die jede Note ablesen, geht mir auf die Nerven.«
»Ich bin kein Kind mehr und die meisten Stücke kann ich auswendig.«
Er blinzelte. »Wollen Sie mich für dumm verkaufen?«
»Nein, ich bin Mathematikerin. Wahrscheinlich merke ich mir deshalb die Noten leichter.«
»Weshalb benötigen Sie dann Unterricht?«
»Mein Professor am Konservatorium meinte, dass ich zu monoton spiele. Ich versuchte, die Noten zu kontrollieren.«
»Und was meinen Sie?«
Bildete ich es mir ein, oder sah ich da tatsächlich Interesse in seinen Augen aufblitzen?
»Ich stimme mit ihm in jeder Hinsicht überein.«
»Was soll ich dann?«
»Vor ein paar Tagen stand ich am Abend auf der Dachterrasse. Sie haben eine von Beethovens Sonaten gespielt. Ich weiß vom Hörensagen, dass Sie ihre Frau verloren haben und seitdem ein grantiger alter Kauz sind. Mit jeder Note habe ich Ihre Trauer und Einsamkeit herausgehört. Das hat mir meine eigene Unvollkommenheit, mit Musik Gefühle auszudrücken, klargemacht. Ich hatte Tränen in den Augen. Würden Sie mich kennen, wüssten Sie, dass diese Gefühlsduselei so gar nicht meinem Wesen entspricht und zu den vielen Neuheiten in meinem Leben gehört, die ich nicht einordnen kann. Meine Hoffnung ist, dass Sie mich lehren könnten, meine methodische Spielweise abzulegen. Es ist mehr als die Musik. Es betrifft mich, mein ganzes kühles Wesen. Ich muss es wissen! Bitte.«
Er räusperte sich. »Wenn ich Nein sage, gehen Sie dann?«
»Nein.«
»Das habe ich befürchtet«, grummelte er für sich hin, drehte sich um und ging ins Haus. Die Türe stand weit offen, ich folgte unaufgefordert.
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