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Allmächt

Wer seine Augen überall haben will, sieht auch Dinge, die er gar nicht sehen will. Das gilt besonders in der Weihnachtszeit.

Eine BDSM-Geschichte von poet.

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Als sie nach Hause kam, stand er grade auf der Staffelei und befestigte den neuen Rauchmelder an der Decke. Der alte hatte den Geist aufgegeben, und, ängstlich wie sie war, hatte sie ihn dringend gebeten, einen neuen zu installieren, schließlich hatten sie eine Holzdecke, und der große Schwedenofen wurde sehr heiß, wenn man ihn im Winter so richtig fütterte. Im Nachbardorf war erst letzten Monat ein Bauernhaus fast völlig ausgebrannt, auch mit Holzheizung, und die hatten zum Glück einen Rauchmelder gehabt und hatten sich im letzten Moment durch das Badezimmerfenster retten können. „Danke, Herr!“ sagte sie erleichtert und ging sich umziehen. Er bestand darauf, dass sie im Haus, wie er es nannte, ihre Dienstkleidung trug. Wenn sie ihrem Beruf nachging - sie arbeitete als Sekretärin in einer Modefirma - durfte sie tragen, was sie wollte, aber zu Hause und in seinem Beisein bestimmte er ihre Garderobe. Und da er seit einem Jahr in seinem sehr gut bezahlten Job nur noch halbtags arbeitete, bestimmte er dies fast dreiviertel des Tages, an Wochenenden sowieso rund um die Uhr. Aber sie genoss es, ihm zu gefallen, die freudige Erregung in seinen Augen zu lesen, wenn sie so aussah, wie er es wünschte.

Zehn Minuten später kam sie auf mittelhohen Absätzen aus dem Schlafzimmer zurück. Das schlichte schwarze Kleid endete über den Knien, davor hatte sie eine weiße Schürze gebunden. Mehr trug sie nicht, auch nicht darunter. Er hatte die Leiter schon verräumt und saß lesend im Sessel.

„Komm her!“

Sie ging sofort zu ihm, knickste und sah zu Boden. Er legte Papiere weg, es handelte sich anscheinend um die Anleitung für den Rauchmelder, und griff ihr unter das Kleid. Zufrieden nickend zog er die Hand wieder zurück.

„Weißt du, du musst nicht so hysterisch sein wegen dem Ofen. Ich habe doch eigens letztes Jahr das Hitzeschild darüber angebracht. Der Kamin ist gemauert und hat ein Edelstahlrohr eingezogen, der Kaminkehrer überprüft alles jedes Jahr. Gut, und jetzt hast du ja auch den neuen Rauchmelder wieder an der Decke. Ich wüsste nicht, wo da ein Brand entstehen könnte. Die Bauersleute im Nachbardorf hatten freiliegende blecherne Rauchrohre, ewig nicht gereinigt, und sie haben frisches Holz verbrannt. Das gibt Teerablagerungen im Rohr und hat zu einem Rohrbrand geführt. Alles klar?“

„Ja, Herr.“

„Gut. Ich habe uns eine Lasagne gekocht, die braucht noch fünfzehn Minuten. Du kannst inzwischen den Tisch decken.“ 

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Gelöscht.

24.03.2021 um 18:09 Uhr

Ich hatte da mal so ein Buch, das hieß: "Wer andern eine Grube gräbt!" Da waren Geschichten von Roald Dahl, Patrick Quentin und John Collier drin. Ein köstliches Stück Literatur. Diese Story würde da genau hineinpassen.

Absolut empfehlenswert für Freunde des schwarzen Humors. Danke

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Gelöscht.

29.06.2019 um 22:32 Uhr

Hallo Poet,

 

muahaha, ich muss zugeben, bei mir ist es die Schadenfreude, die mich zum Lachen bringt. Überwachung ist sicher etwas Feines, wenn alle Beteiligten eingeweiht sind.

 

Aber was er sich leistet, geht zu weit. Und schließlich wollte er ja alles wissen … jetzt weiß er Bescheid.

 

Deine Geschichte ist klasse, ein Lehrstück, wie man es nicht machen soll, sozusagen.

 

Vielen Dank dafür.

 

Liebe Grüße

von Spätzle

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Hans Bergmann

Autor.

26.06.2019 um 23:16 Uhr

Wie frische Luft empfinde ich diese Geschichte, ist sie doch fern jeglicher BDSM-polizeilichen Definition. Da ist keine Schere im Kopf des Dom, und er schert sich auch nicht um seinen Rollenwechsel, ist sogar so rücksichtsvoll, ihn seiner Partnerin nicht zuzumuten. Und sie? Was für eine Undankbarkeit, was für ein unfassbar niederträchtiges Verhalten. Ich kann ihre Schamlosigkeit nur auf Spätfolgen einer unbehandelten Rauchgasvergiftung zurückführen. Großer Gott, die kann nicht mal heizen.

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Alea H

Gelöscht.

22.06.2019 um 23:27 Uhr

Lieber @poet,

deine Geschichte hat mir sehr gefallen. Die Wendung am Ende der Geschichte ließ mich schmunzeln. Vor Schadenfreude? Aus dem Betrüger wird ein Betrogener?

Vielen Dank!

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16.02.2019 um 02:17 Uhr

Hat mir sehr gefallen, Dankeschön dafür!

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Kater M

Förderer.

12.01.2019 um 19:02 Uhr

Eine sehr schöne Geschichte. Mit Vorfreude auf das Ende, das dann doch ganz schön rasant und überraschend verlief.

Hat mich ein wenig an Geschichten aus der Renaissance erinnert. Fein.

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Gelöscht.

28.12.2018 um 05:57 Uhr

Großartig!

 

Zunächst plätschert die Geschichte gemütlich vor sich hin, dann steigt unerwartet die Spannung an und das Ende ist ein mit wenigen Worten sehr sorgfältig inszenierter Peitschenknall!

 

Zunächst habe ich mich gefragt, wohin das wohl führen soll, aber nach dem letzten Satz war ich herrlich amüsiert!

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Quälgeist

Autor.

23.12.2018 um 19:44 Uhr

Lustig und fast ein wenig Satire. Ich bleibe dabei, Vertrauen ist in jeder Gemeinschaft/Beziehung das A & O, auch in einer vermeintlich einseitigen Herr- Sklavin Beziehung, das lässt sich nicht mit Technik regeln. Ich war begeistert, besonders über den Schluss.

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Nachtasou

Autor. Korrektor.

12.12.2018 um 16:31 Uhr

Neben „Allmächt“ ist es wohl dieser Ausspruch, der Nürnberger charakterisieren soll: „Die Nürnberger hängen keinen, es sei denn, sie hätten ihn.“ Das trifft ja bestens auf diese Geschichte mit dem Doppelbetrug zu.

Die Ahnungslosigkeit schien nicht nur im Mittelalter ausgeprägt gewesen zu sein.

 

Ich habe das Referat über Holzofen mit besonderem Interesse gelesen und werde mein Schwedendingens (nur 4,6 KW) samt Rauchabzug daraufhin auch mal genauer ansehen. Das sind so Seiteneffekte von Geschichten, die ich besonders schätze. Nicht dass es hinterher heißt, ich wäre ahnungslos gewesen. Jetzt nicht mehr. Aber in Sachen Rauchmelder kann ich vermelden: Meist ist es nur eine leere Batterie, wenn sie streiken.

 

Eine kleine Weihnachtsgeschichte ist es mit Doppelpointe. Hätte gut in einen Weihnachtskalender der SZ gepasst. Die D/s-Beziehung darin ist anfangs zwischen lahm und scheintot, so dass die Überraschungen am Ende desto besser sitzen. Hugentobel ist gar kein so schlechter Schachspieler, er bemächtigt sich der gegnerischen Dame … auf das Endspiel wäre ich jetzt gespannt.

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Meister Y

Autor. Förderer.

12.12.2018 um 14:28 Uhr

Lieber @Poet:, eine wirklich tolle Geschichte mit einem wirklich überraschend schönem Ende.

 

Da meint ja wirklich jemand, sozusagen allmächtig zu sein, alles zu wissen, nein zu sehen. Wobei, die Idee mit dem Rauchmelder...

Ich muss gestehen, dass ich vom Ende tatsächlich überrascht war, "Hugentobel" fand ich sowieso großartig.

Danke für eine sprachlich fein geschrieben, wortgewandte und absolut lesenswerte Geschichte, die ich sehr gern gelesen habe.

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