Hier und jetzt
Eine BDSM-Geschichte von hexlein
Endlich... Endlich wird er wieder hier sein. Dieser Gedanke schießt ihr durch den Kopf, als sie sich für ihn in ihrem Badezimmer zurecht macht. Sie hat geduscht. Es ist heiß heute. Es ist Sommer. Sie streift einen blütenweißen Spitzenslip über ihre glatten, seidigen Beine. Auf ihrer rasierten Scham spürt sie die Spitze überdeutlich. Ein kleiner Schweißtropfen fließt schon wieder langsam an ihrer Wirbelsäule entlang. Sie greift nach dem ebenfalls weißen Spitzen-BH und streift ihn über. Ihre vollen Brüste werden in eine aufregend weibliche Form gebracht. Lächelnd beobachtet sie sich selbst in ihrem Spiegel. Sie weiß, dass er die Spitze auf ihrer leicht gebräunten Haut lieben wird. Sie kann richtig spüren, wie sie durch den Gedanken, wie er sie ansehen wird, feucht zwischen ihren rosigen Lippen wird. Unwillig schüttelt sie den Kopf. Sie muss fort. Es ist Zeit. Wenn sie sich nicht beeilt, wird sie zu spät am Flughafen sein.
Schnell noch in das weiße Leinenkleid geschlüpft und den Reißverschluss am Rücken geschlossen. Eng legt es sich um ihren Körper. Elegant ist es. Er kennt es noch nicht. Aber sie weiß, dass es ihm gefallen wird. Sie hat ein im Schnitt ähnliches Kleid in schwarz. Als sie es einmal trug, lobte er ihren Stil und die schlichte Eleganz. Die Oberschenkel sind schon leicht mit Puder bestrichen, damit die hautfarbenen Halterlosen, die sie nun über ihre Beine streift, nicht verrutschen durch den Schweißfilm, der in der sommerlichen Hitze einfach nicht vermeidbar ist. Doch sie würde es nie wagen, ihm ohne Strümpfe unter die Augen zu kommen. Er liebt es, wenn sie nur in Dessous und Strümpfen vor ihm steht. Er hat jetzt so lange auf ihren Anblick verzichten müssen. Und nun. Nun soll alles möglichst perfekt sein. Die schwarzen Locken bürstet sie noch einmal durch und steckt sie mit einer Spange am Hinterkopf hoch. Die kleinen Härchen im Nacken werden nachher durch die Feuchtigkeit anfangen, sich zu kringeln. Und er wird sie weg pusten und ihr einen Kuss auf den Nacken geben. Später, wenn sie zu Hause sein werden. Wenn er angekommen ist. Sie ist angekommen. Bei ihm. Hastig steigt sie in die hohen ebenfalls schneeweißen Pumps und greift nach ihrer Handtasche und dem Autoschlüssel. Sie muss los. Sie darf nicht zu spät am Flughafen sein. Das könnte sie sich nicht verzeihen. Sie will doch alles richtig machen für ihn. Er soll spüren, wie gerne sie ihm dient und wie gerne sie ihm gehört.
Doch halt. Sie hält inne. Sie hätte in der Eile fast das Wichtigste vergessen. Wie konnte sie nur? Er hatte ihr das Päckchen vor seinem Abflug übergeben. Mit der Maßgabe, es nicht zu öffnen und es beim Abholen ihm zu bringen. Gefühlte tausend Mal schon stand sie in den vergangenen vier Wochen vor dem Päckchen und überlegte, was es wohl enthalten würde. Doch es wäre ihr nie eingefallen, es zu öffnen. Nicht ohne seine Erlaubnis. Ob er sie ihr wohl heute erteilen würde? Keine Zeit mehr zum Überlegen. Sie muss los. Es sind über zwei Stunden Fahrt. Er sitzt im Augenblick schon im Flieger. Er wird bald wieder hier sein. Der Mann, den sie bisher nur in ihrem Innersten ihren Herrn nennt. Der Mann, dem sie bereit ist sich ganz und gar zu schenken. Der Mann, der ihr Herz im Sturm erobert hat und es nun als zerbrechliches Gut in seinen Händen hält. Der Mann, den sie gerne als Wegbegleiter in ihrem Leben hätte. Er weiß darum. Er weiß auch, dass sie es möchte. Dass sie aber auch noch kämpft. Kämpft mit sich selbst. Sie ist stolz. Sie hat Macht. Sie hat immer über alles die Kontrolle. Sie ist eine erfolgreiche Frau. Wird sie bereit sein, in der Zweisamkeit mit ihm dies alles abzugeben? Abzugeben an ihn? Ihm voll und ganz, mit Körper und Seele sich schenken? Sie greift fahrig nach dem Päckchen und stürmt aus der Wohnung.
Sie fährt los. Immer und immer wieder kreisen auf der Fahrt ihre Gedanken um dieses Thema. Sie hat ja jetzt Zeit auf der langen Fahrt. Doch sie darf sich nicht ganz in ihren Gedanken verlieren. Der Verkehr fordert ebenfalls ihre Aufmerksamkeit. Nur keinen Unfall jetzt. Nicht heute. Nicht nach dieser langen Trennung. Sie will doch zu ihm. Sie kommt am Flughafen an. Sucht einen Parkplatz. Wo findet sie ihn? Der Flughafen ist ihr unbekannt. Hier war sie noch nie. Sie kennt nur andere Flughäfen. Sie werden alle gleich sein.
Sie betritt die Halle und schaut auf die Anzeigentafel. Da. Der Flug wird als gelandet angezeigt. Sie fragt an der Information nach dem Weg. Dort, dort hinter dieser Glastür wird er erscheinen. Sie zittert. Vor Aufregung. Das Päckchen liegt in ihrer Hand. Die Tür öffnet sich und die Passagiere strömen in die Halle. Wo ist er? Suchend blickt sie in den Strom der Menschen, die die Tür passieren. Dort. Dort kommt er. Sie steht still. Sie kann nicht atmen. Es ist so wundervoll. Er ist wieder da.
Lächelnd kommt er auf sie zu. Bleibt wortlos vor ihr stehen. Öffnet seinen Koffer. Den großen. Aus einer Innentasche holt er eine kleine Schere. Sie fasst es nicht. Keine Worte. Keine Küsse. Keine Umarmung. Nichts. Was hat er vor?
Er übergibt ihr die Schere und sagt: „Wenn Du wirklich willst, dann hier und jetzt. Öffne das Päckchen. Es ist für Dich.“ Er dreht sich um, geht auf die Sitzgelegenheiten zu und lässt sich nieder.
Sie steht völlig perplex in der Menge. Schaut auf die Schere und überlegt, was das soll. Langsam kommt Bewegung in sie. Sie öffnet das Päckchen. Es entschlüpft ihr nach dem Öffnen ein leises Stöhnen. Meint er das ernst? Sie hält das geöffnete Päckchen in der Hand und schaut über den Rand des Deckels zu ihm.
Er sitzt völlig entspannt da und schaut sie an. Ein leises Lächeln umspielt seine Mundwinkel.
Sie schaut völlig entgeistert in das Innere der unscheinbaren Schachtel. Auf rotem Samt liegt ihr zukünftiger Schmuck. Halsband, Arm- und Fußfesseln aus feinstem Leder. Wieder schaut sie in seine Richtung. Seine Worte dröhnen in ihrem Kopf. Hier und jetzt. Es gibt für sie keinen Kampf mehr. Sie greift in die Schachtel. Und legt sich ihren Schmuck an. Hier und jetzt.