Mein Blick verweilt länger als nötig auf deiner Brust. Süffisant lächle ich in mich hinein. Dein Brustkorb hebt und senkt sich langsam und gleichmäßig. Nervös streichst du dir eine Haarsträhne hinter das Ohr. Wirst du auf mein Angebot eingehen?
Ich genieße deinen erstaunten Blick, mit dem du zu mir aufschaust. Der gleiche Blick wie damals. Deine dunklen Augen strahlen mir entgegen. Sie versuchen, jeden auf Abstand zu halten, der dir zu nahekommt. Nur, wer genau hinschaut, sieht, was sich in Wahrheit dahinter verbirgt.
Ohne deine Antwort abzuwarten, ziehe ich einen Stuhl hervor und nehme dir gegenüber Platz. Ich stelle mein Handy auf lautlos und lege es auf den Tisch. Meine Aufmerksamkeit gehört ganz dir. Zufriedenen schlage ich die Beine übereinander und lehne mich zurück. Meine Arme liegen lässig auf den gepolsterten Lehnen.
Ich weiß noch, wie ich dich das erste Mal traf. Ich hatte gerade einen Job in dieser Fotoagentur angetreten und begleitete meinen Chef zu einem Shooting. Seine Assistentin war ausgefallen und ich durfte einspringen. Es war ein wichtiger Auftrag für ein renommiertes Fitnessmagazin, und für mich eine gute Gelegenheit, auf mich aufmerksam zu machen. Dementsprechend nervös war ich.
Das Studio hatte einen exzellenten Ruf. Auch viele Promis trainierten dort. Du hast meine Aufmerksamkeit vom ersten Moment an auf dich gezogen. Während die Anderen sich Haare und Make-up richten ließen, brav posierten und sich gekonnt in Szene setzten, hast du um jedes noch so kleine Detail gefeilscht. Du wolltest die Haare anders gebunden und die Farbe des Lippenstifts dunkler. Unnahbar und cool hast du in die Kamera geschaut. Zu jedem Lächeln musste man dich überreden.
Ich hatte versucht, dich aus dem Hintergrund zu besänftigen. Nickte dir aufmunternd zu, aber es half nicht. Das ganze Shooting wurde zu einer einzigen Katastrophe. Nichts klappte. Nichts funktionierte. Am Ende brach der Fotograf ab, ließ das Equipment zusammenräumen und schickte alle weg.
Du ranntest in die Umkleide. Ich war sauer. Und enttäuscht. Ich hatte mir viel von dieser Chance erhofft. Du hattest sie mir vermasselt. Ich folgte dir, um dich zur Rede zu stellen.
Als ich die Tür öffnete, kam mir laute Musik entgegen. Du saßt auf der Bank und sahst auf dein Handy. Für einen Moment habe ich dich beobachtet. Du schautest überrascht, als du mich wahrnahmst, überspieltest es aber sofort mit deinem frechen Blick.
»Was machst du noch hier?«
Dein jugendliches, ungestümes Temperament ließ mich grinsen. Es erinnerte mich an mein altes Ich. Auch ich hätte so reagiert und hätte meine Wut auf mich auf Andere projiziert.
Kurz hatte ich überlegt, dich in den Arm zu nehmen, konnte aber nicht widerstehen, dich weiter zu provozieren.
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Die Geschichte ist so schön geschrieben, dass ich in einem Rutsch durch war.
Auch mein Kopf hat kurz versucht zu "ordnen". Mann, Frau, wer versohlt wem warum welchen Hintern?
Aber mein Kopfkino springt sowieso immer so schnell, da hat es nach zweimaligen Einordnungsversuchen aufgegeben und einfach den Begriff Mensch gewählt und schon war es eine wunderschöne Geschichte über Vergangenheit, Verzeihung, Sehnsucht...
diese Geschichte hat mich ganz und gar gefordert und ich bin mir immer noch nicht (nach dem zweiten Lesen mit viel scrollen) sicher, wie das alles zusammenhängt. Es lässt viel Freiheit für die eigene Fantasie und so werden aus dieser einen Geschichte wohl durch jeden, der sie liest, viele verschiedene Geschichten; je nach eigenem Background. Wenn das deine Intention war, hast du ins Schwarze getroffen. Ist mal was ganz anderes.
Was eine tolle Geschichte!! Dein Schreibstil, das offende Ende und die unterschiedlichen Perspektiven gefallen mir sehr gut und runden die Geschichte in Perfektion ab
Wer ist wer und wer nimmt wann welche Rolle ein in dieser Geschichte?
Ich mag es, wenn Geschichten mich fordern, wenn ich gezwungen bin einen oder zwei Absätze nach oben zu springen, um mich zu vergewissern, dass ich doch nicht falsch gelesen habe. Wenn Geschichten meine grauen Zellen nicht nur in ein Kopfkino durchstarten lassen, sondern diese auch gefordert werden.
Liebe Leo Me Deine Geschichte hat mich nicht nur einmal springen lassen.
vielen Dank für dein Feedback. Du sprichst an, was ich befürchtet hatte, als ich die Geschichte hochgeladen haben. Lasse ich zu viele Fragen offen? Ist sie, als allein stehende Geschichte überhaupt tragfähig, oder sie nicht nur eine kleine Episode eines größeren Ganzen. Ich habe mich trotzdem dazu entschieden, es zu probieren. Ihr eine Chance zu geben. Und ich freue mich, dass sie dir trotz aller Fragen und Zweifel gefällt.
Meister Y: Gerne kann ich ein wenig Licht ins Dunkel bringen, möchte aber nicht zu sehr ins Detail gehen. Inspiriert zu dieser Geschichte, wurde ich von einer anderen, vor kurzem hier erschienenen Geschichte. Ich greife diese, aus einer anderen Sichtweise auf, und versuche sie weiterzuführen. Das Ende ist noch offen. Ich bin mir aber sicher, dass es weiter geht.
Der Vergleich von Noras Marie mit den Bäumen eines Waldes, die unterhalb der Erde über ihre Wurzeln kommunizieren, beschreibt es sehr treffend. Wir kommunizieren mit unseren Geschichten. Ich schließe mit Noras Marie an. Habt Geduld. Es wird weitergehen...
Für alle, die gerne wissen wollen, welche Geschichte mich inspiriert hat: Schreibt mich gerne persönlich an. Ich werde Licht ins Dunkel bringen.
Danke an alle, die meine Geschichte gelesen haben. Danke für zwischen den Zeilen lesen. Danke für eure Gedanken. Danke für euer Feedback.
06.12.2025 um 12:01 Uhr
Die Geschichte ist so schön geschrieben, dass ich in einem Rutsch durch war.
Auch mein Kopf hat kurz versucht zu "ordnen". Mann, Frau, wer versohlt wem warum welchen Hintern?
Aber mein Kopfkino springt sowieso immer so schnell, da hat es nach zweimaligen Einordnungsversuchen aufgegeben und einfach den Begriff Mensch gewählt und schon war es eine wunderschöne Geschichte über Vergangenheit, Verzeihung, Sehnsucht...
Danke dir
VG Natty
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