Damenwahl
Eine BDSM-Geschichte von Nachtasou.
Diese Geschichte nahm teil am Schreibwettbewerb "Grenzen" (Link).
Warum hatte ich so lange gezögert damit, wo es doch so unterhaltsam war. Ich hielt mich am Getränk fest und ließ meinen Blick unauffällig schweifen. Im Stroboskop-Licht bewegte sich so mancher weiße Hintern stotternd wie im Daumenkino. Die Bedienungen am Tresen wurden den einlaufenden Bestellungen kaum Herr. Der Höhepunkt war kurz nach Mitternacht erreicht. Goa-Rhythmen endeten abrupt, woraufhin Sekunden vergingen, in denen das Stimmengewirr gegen die Stille überdreht wirkte. Dann setzte Marianne Rosenberg ein. Etliche schlenderten zur Tanzfläche, ohne ihren Herrn zu fragen, wobei eine Führungsleine achtlos auf dem Boden schleifte. In der Mehrzahl tummelten sich Männer mit nackten Oberkörpern in Riemenharnischen auf den Tanzfliesen und stimmten in den allzu bekannten Refrain ein. In einer verdunkelten Nische flutschte eine Hand aus einer Körperöffnung. Wie trunken röteten sich Wangen. Wer jetzt auf die Straße hinaus trat, wäre von Leere und schneidender Winterluft empfangen worden; eine mit Fetischen beklebte Welt, aus der man wie eine Sturzgeburt auf den Asphalt fällt, um in einer weltlichen Nässe zu landen. Ich mag diese Rückstürze nicht. Ich hatte 47 Euro Eintritt bezahlt und die soff ich auf bis auf den Grund.
Das Paar neben mir war verschwunden. Die klebrigen Bierflecken auf der Tischfläche würden nun mir zugeschrieben. Die stille Frau hatte an der Tischkerze herumgeprokelt, um Wachstropfen der Größe nach zu sortieren. Immer wieder schaute sie davon auf zu ihrem vermeintlichen Herrn. Sie schwitzte Sinnlichkeit, was ihm aber entgangen war. Oder sie war ihm schon zum Familiengeruch geworden, nicht mehr wahrnehmbar. Er war sich ihrer sicher und genoss die Blößen all der Subs sowie Devoten, die sich für heute Abend herausgeputzt hatten, um zu wetteifern. Eben hatte er ihr zugenickt und mit einem Heben der Augenbrauen den Aufbruch eingeleitet. Sie war gefolgt, ohne einen Blick auf die dritte Person am Tisch zu werfen. Mich.
Da rief jemand über die PA eine Damenwahl aus. Ich war versucht, abzuducken. Aber nichts und niemand bewegte sich auf mich zu. Ich saß zu abseits oder war zu gut zu erkennen. Etliche Frauen steuerten stracks auf ein Ziel zu, das sie schon im Auge gehabt haben mussten. Sie zerrten ihren Fang Richtung Tanzboden oder hinter einen Tisch, um dort in ihrer unbequemen Rolle ein Gespräch zu eröffnen. Das wirkte geziert. Der DJ hatte ein Einsehen: Er riss die Verstärker auf Lautstärke und dimmte das Licht. Lichtnadeln der Laser und deren Reflexionen kreisten auf den Wänden. Es begann nach Schweiß zu riechen, während ein Trupp Raucher durch die Eingangstür in den Saal zurückkehrte.
Ich schreckte auf, als mich jemand von hinten ansprach. Ich habe die Worte nicht verstanden, legte die Stirn in Falten und nickte. Vielleicht orderte ich einen abschließenden Espresso, damit ich wieder klar würde. Die Stimme jedoch nahm keine Bestellung auf, sondern setzte sich mir gegenüber. Sie lächelte ungezwungen. Ihr nächster Satz war zu laut für den kurzen Moment des Übergangs zwischen zwei Stampfrhythmen:
»Was ist, gehörst du zur Deko?«
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