Neuschnee liegt wie ein weiches Tuch über dem Park. Das Land schläft. Wirtschaftsgebäude, Lagerhaus und Scheunen sind still. Hinter mir liegt das Gutshaus schweigend in der späten Nacht. Vor mir sehe ich das ehemalige Kutschhaus. Schon der Weg dorthin fordert mich.
Neuschnee liegt wie ein weiches Tuch über dem Park. Am späten Nachmittag hatte es zu schneien begonnen. Als ich zur Nacht das Licht löschte, wirbelten vor meinem Fenster die Flocken.
Alle Winter sind hart in unserer östlichen Provinz. Das kontinentale Klima sorgt dafür, dass es Ende November schneit und der Schnee bis Anfang März das Land bedeckt. Aber manche Winter sind besonders streng. Sie fordern uns die letzten Reserven ab.
Ich erinnere mich an die eisige Zeit vor vier Jahren. Damals schickte ich alles an Fuhrwerken und freien Männern zur neuen Eisenbahnstrecke hinunter. Zwei Tage haben wir geschaufelt. Der Schnee stand meterhoch neben den Gleisen. Als die Bahn wieder fuhr, kam endlich der amtliche Bescheid, dass in unserem Trakenburg im Jahr darauf ein Haltepunkt der Reichsbahn mit Stationshaus eingerichtet wird. Im Sommer 1873 hielt der erste Zug. Seitdem brauchen unsere Leute nur noch zehn Minuten zu Fuß oder drei Minuten mit dem Pferd zur Bahn und erreichen in einer halben Stunde von dort aus Kirchberg.
Meine innere Uhr hat mich geweckt. Ich werfe ein Holzscheit auf die Glut im Kachelofen und gehe zum Fenster. Einige Male hauche ich auf die Eisblumen, wische das Glas mit meinem Taschentuch trocken. Vom Fenster meines Schlafgemachs habe ich gute Sicht über Park und Land. Wind hat die Wolken vertrieben. Am Himmel stehen tausend Sterne. Weit hinaus sehe ich in die Nacht. Mondlicht beleuchtet den Park vor mir. Alte Bäume werfen ihre Nachtschatten auf die bedeckten Wiesen. Weißes Licht lässt den Neuschnee funkeln. Millionen Perlen liegen im Park, glitzern in zartem Rot und ganz hellem Blau. Was für ein Schatz auf Zeit.
Ich sehe zum Regulator. Es ist zehn vor vier.
Am Ende des Parks steht ein dünnes Licht in grauer Silhouette des Kutschhauses. Es flackert, wird bald erlöschen. Der See am Ende des Parks ist verschwunden, gefroren, weiß verhüllt, beinahe unsichtbar wie der Bach, der vom See über die Felder hin zu den Wäldern fließt. Ganz leise höre ich sein Wasser. Bald wird auch er starr im Frost ruhen.
Das Land schläft. Wirtschaftsgebäude, Lagerhaus und Scheunen sind still. Selten dringt ein leises Geräusch aus den Träumen des schlafenden Viehs in den Ställen zu mir herauf. Fern hinter Park und Feldern stehen unsere alten Laubwälder, jetzt völlig kahl.
Es wird Zeit für meinen morgendlichen Sport, den ich in der Adventszeit stets mit einem nützlichen Transport verbinde. Ich kleide mich sportlich, eile die Treppe herab und begebe mich aus dem seitlichen Ausgang meines Hauses hinüber zur Mauer, die den Park vom Friedhof trennt. Ohne Schnee könnte ich meinen Weg in diesem Bereich des Parks kaum erkennen. Alte Tannen, noch aus der Zeit meines Großvaters, trennen die Lebenden von den Toten. Ich eile auf dem verschneiten Weg durch diesen finsteren Korridor. Mondlicht dringt nur schwach durch Wipfel und Geäst. Doch selbst bei völliger Dunkelheit finde ich mich im Park bestens zurecht. Zum Laufen brauche ich kein Licht.
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Danke für deinen freundlichen Kommentar, Naira. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass schreibtechnische Übersexualisierung häufig auf Leserinnen abschreckend wirkt. Sie ist meiner Auffassung nach Ausdruck eines heftigen und unterdrückten Verlangens. Ich möchte nicht pauschalisieren, denke, submissive Männer sind mehr das Publikum, wogegen häufig Frauen mit submissiver Neigung damit weniger anfangen können.
Aber vielfach sind die Fantasien, und auch, wenn ich denke, dass BDSM mehr als sexuelle Handlung ist, mag ich auch solche Geschichten, sofern sie Geschichten sind, und nicht nur rein sexuelle Beschreibungen. Das ist ein interessantes Thema, danke.
Ich bin sonst nicht so die Genießerin von msub-Texten, aber in deiner Geschichte haben mir die ruhigen Beschreibungen sehr gefallen. 😊 Und auch dass es auch msub-Geschichten gibt, die sich nicht um die übersexualisierung eines einzelnen Körperteils drehen.
Ein Gutshof war es zwar nicht, auf dem ich aufgewachsen bin, aber doch ein größeres landwirtschaftliches Anwesen. Insofern gab es beim Lesen schöne Assoziationen... Bravo!
Ich habe ein Faible für Gutshäuser und für die Geschichten, die sie zu erzählen haben. Geschichten, die sich ereignet haben und solche, die sich ereignet haben könnten.
Zu den Gutshäusern gehören Verwaltungsgebäude, Ställe, (mindestens) ein Gutsherr und (meistens) seine Familie, seine Leute und Land. Viel Land, weites Land. Kornfelder, Pferde, dunkle Wälder, kristallklare Seen, heiße Sommer und kalte Winter. Die aktuelle Wetterlage zeigt allenfalls in Ansätzen, was ich darunter verstehe.
Alles das holst Du, Gregor, mit wenigen Sätzen vor mein inneres Auge. Die so entstandenen Bilder verwebst Du mit einer Episode, deren Erotik ich als sehr wohldosiert empfinde. Für mich ein perfektes Beispiel, dass Weniger manchmal Mehr ist, so wie ein Rollkragenpullover verheißungsvoller sein kann, als ein Ausschnitt, aus dem die Brüste herauszufallen drohen.
Das ist ja genaugenommen auch eine Literaturempfehlung. Ich werde wohl demnächst auch im Original schmökern.
Beim Lesen des Textes hatte ich die berühmte Venus nicht auf dem Plan, und so hat sich mir die besondere Beziehung zwischen Wanda und dem Baron erst zum Ende der Geschichte erschlossen. Feiner Kunstgriff.
Gerade an einem Morgen wie diesem, an dem wir im Schnee versinken, eine mehr als passende Geschichte.
Mit schön gemalten Bildern nimmst Du uns mit in eine, in Schnee und Frost erstarrte, Landschaft. Man spürt förmlich die Kälte aufsteigen, sieht den Reif beim Atmen. Bekommt dann einen Blick auf dieses besondere Fuhrwerk...
Ja, die wahre Herrin des Gutes versetzt ihm einen gehörigen Stich, bringt ihn in eine Situation, die auf besondere Weise weh tut.
Danke für diese Zeilen. Das Stimmungsbild habe ich besonders gemocht.