Ein Heimweg durch beißende Kälte unter weihnachtsschwarzem Himmel. Zu Hause die Karte mit dem Weihnachtsgruß seines Sohnes. Später an diesem Abend hat er alles bequem in Reichweite. Die Fernbedienung, den Grog und das Telefon.
Als der Bus beschleunigt, fällt dem Mann mit den grauen Bartstoppeln, worunter auch einige wenige schwarze sind, eine Plastiktüte um, die er an seine rechte Wade gelehnt hat. Eine Flasche Pott40 rollt in den Gang, stößt aber schon nach zwei Umdrehungen gegen Beine in Winterstiefeln, die in einer Pfütze stehen. Peinlich berührt nimmt Clemens die Flasche auf, flüstert ein leises Danke und stopft den Ausreißer wieder zurück.
Viel ist nicht drin in seinen Tüten. Er lebt von einer Rente, die weniger als die Hälfte seines Lohnes der letzten Jahre in einer Leiharbeitsfirma ausmacht. Weihnachten ist teuer, denkt Clemens, als er sich umblickt. Früher auch schon; ein Schachcomputer, einer der ersten im Handel, für den Sohn Peter. Eine Barbie-Pferdefarm für Gabriele. Aber gesungen haben wir noch, erinnert er sich; schlecht. Aber immerhin.
Er verlässt sich auf die Stationsansagen des Busfahrers, denn durch die beschlagenen Scheiben ist ohnehin kein Durchblick. Clemens reißt sich den Mantel vorne auf, weil er fürchtet, in der gepressten Warmluft in Atemnot zu geraten, lange vor dem Impuls raus zu müssen. Reha vor Rente. Vor sieben Jahren hat er in der Psychosomatik gelernt, mit seinen Attacken umzugehen. Verschwunden sind sie nicht, aber die Hoffnung auf Besserung schon. Er rafft sein Gepäck zusammen und drückt sich durch ebenfalls bepackte Fahrgäste hindurch Richtung Tür. »Hey, Du verschissenes Stück Scheiße, pass auf, wo Du hintrittst!« erntet er dicht vorm Mittelpfosten. Die Tür öffnet sich ohrenbetäubend zischend, nach dem Ruck, den sowohl Sitzende wie Stehende wie ein einstudiertes Ballett beim Anhalten mitmachen müssen. Der Bus macht seine Notdurft, und Clemens steht in beißender Kälte.
Melde dich bitte an.