Eine interessante Frage, spontan habe ich ja gedrückt, dann die Kommentare gelesen und festgestellt, dass Hexlein und Devana sich schon sehr überzeugend zu dem Thema geäußert haben.
Den Vergleich mit der zunehmenden Akzeptanz der Homosexualität finde ich durchaus gerechtfertigt, die Tatsache, dass bekannte Personen sich offen dazu bekennen und trotzdem von der Gesellschaft auch weiterhin respektiert und geschätzt werden, setzt eine – wenn auch langsame – Bewusstseinsänderung der Bevölkerung in Gang. Bei meiner eigenen Mutter habe ich´s erlebt: Als ich Kind war fand sie Homosexualität abartig und Homosexuelle krank (war in den Siebzigern ja auch noch medizinische Lehrmeinung)- und jetzt schwärmt sie sogar von Westerwelle – von einem Extrem ins Andere! Homosexualität ist nach einer Generation in unserer Gesellschaft akzeptiert, man muss keine Angst mehr vor ungewolltem Outing und entsprechender Diskriminierung haben. Und die wenigsten Homosexuellen werden sich selbst heutzutage in Frage stellen auf dem Weg zur inneren Akzeptanz ihrer Neigung.
Und das gleiche würde ich mir auch für BDSM wünschen: Eine Bewusstseinsänderung in der Gesellschaft, die mit sich bringt:
Dass Eltern nicht mehr in Sorge geraten, wenn sie bei ihren Kindern „perverses Gedankengut“ entdecken, sondern vielleicht helfend zur Seite stehen können. Als meine Mutter sie entdeckte, musste ich als Jugendlicher meine „schrecklichen Zeichnungen“ vor ihren Augen wegschmeißen (ihr ahnt, was ich gezeichnet hatte…). Seitdem passe ich höllisch auf, bei ihr nicht noch einmal in dieser Richtung aufzufallen. Im Gegensatz zur Homosexualität hat sich beim Thema BDSM eben noch nicht viel bei ihr bewegt.
Dass es Neueinsteigern, die das erste Mal ihre sadomasochistischen Neigung entdeckt haben und sich nun zu informieren versuchen nicht vorkommt, etwas Verruchtes und Abartiges zu erforschen, sondern dass sie sie sich dank wertungs- und vorurteilsfreier Darstellung dieser sexuellen Spielart in der Gesellschaft ohne Selbstzweifel mit dem Thema auseinandersetzen können.
Dass alle mit den Schultern zucken, wenn plötzlich (insbesondere ungewollt)etwas von einer BDSM-Neigung bekannt wird, na und?
Persönlich bin wahrscheinlich ich der letzte, der seine Neigung ungefragt der Öffentlichkeit präsentieren möchte, ich könnte mich aber wahrscheinlich auch nicht zurückhalten, wenn ich in eine Unterhaltung mit Vorurteilsgelaber zu diesem Thema verwickelt würde.
Das Thema BDSM sollte trotzdem qualifiziert und sachlich, nicht schmuddelig und mit Intimitäten gespickt an die Öffentlichkeit kommen. Es ist wenig hilfreich, wenn die Gesellschaft ihre Informationen zu diesem Thema aus einzelnen angesagten Büchern bekommt, aus Illustrierten, die ihre Geschichten dann mit latexbekleideten Dominas zieren oder aus den seltenen Zeitungsartikeln, wenn es zu Straftaten gekommen ist, denen man einen Bezug zum Sadomasochismus unterstellt. Stattdessen würden wahrscheinlich alle profitieren, wenn sich dann doch der eine oder andere anerkannte Schauspieler oder Minister als betroffener zum Thema äußert – natürlich ohne Einzelheiten preiszugeben, die ohnehin keiner wissen möchte. Dass es noch keiner getan hat, schreibe ich nicht der Tatsache zu, dass es wir eine so kleine Minderheit sind, sondern dass auch unsere Schauspieler und Minister die Gesellschaft noch nicht für reif dazu erachten. Doch wie heißt es so schön: Einer muss den Anfang wagen…
Wiking