Ruhrgebiet. September. 12 Uhr und sieben Minuten. 17 Grad, hohe Luftfeuchtigkeit, trüb. Die Frisur hält. Ich gehe in den Chat. Neugierig. In der Lobby ist es still. Und leer. Alles aufgeräumt. Die Espressomaschine blank poliert. Etwas angestaubt. Unbenutzt. Wie lange wohl schon? Schade eigentlich. Die Barhocker stehen aufgereiht wie Statuen in einem Museum. Bin ich ein Teil davon? Keine Spur von abendlichen Exzessen. Keine Kleberänder von übergelaufenen Gläsern auf dem polierten Tresen. Die Kerzen sind jungfräulich wie die Tüte im Abfalleimer. Fast. Bis auf ein paar Kalenderblätter. Ich reiße ein weiteres ab und werfe in hinein. Einen Tag in Form eines bedruckten Papierfetzens. Unbefleckte Bierdeckel stapeln sich um die Wette mit gespülten Aschenbechern. Die Kissen auf den Sofas liegen ordentlich aufgeschüttelt wie in der Auslage eines Möbelgeschäftes. Irgendwie vermisse ich die Preisschilder daran. Pflegeleicht. Der Boden ist gesaugt. Ich kann es mir nicht verkneifen, unter die Sofas zu schauen. Alles sauber. Keine Zeugen vergangener Exzesse. Gedanken an einen Tatort drängen sich auf. Vielleicht hat jemand sauber gemacht, alle Spuren beseitigt, die an unmoralische Ereignisse erinnern.
Mal nachsehen, wer heute hier war. Niemand. Außer mir. Ergo kann auch niemand aufgeräumt haben. Vielleicht sollte ich auch gehen. Die Drehtüre bewegt sich viel schwerer als früher und quietscht erbärmlich, während ich nachdenklich zurück in den Septembertag schlendere.