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Wiener Charme

Eine BDSM-Geschichte von poet.

Platz 4 im Schreibwettbewerb "Das Päckchen" (Link).

 

Als sie heim kam, fand sie im Briefkasten eine Mitteilung der Post.

Hastig überflog sie die Zeilen: „Unsere Zustellerin konnte Sie ... leider nicht antreffen. ... versuchen, Ihre Sendung ... morgen erneut ...“

Sendung? Ich erwarte doch gar keine Sendung, dachte sie, oder sollte wirklich der Typ letzte Woche in Kufstein sein Versprechen, ja fast seine Drohung ernst ... ?!

 

Erst am Abend des vorletzten Urlaubstags hatten sie sich kennengelernt. Nein, hatte er sich bekannt gemacht mit einer frechen, unverblümten Anmache: „Mir ist grade aufgefalln, gnä Frau, dass Ihre Augenfarbe genau zu dem Curacao-Cocktail passt, zu dem ich Sie gern einladen mecht!“

Ohne den Charme des österreichischen Tonfalls, der ihn als aus der Wiener Gegend stammenden Mann, etwa Mitte vierzig, verriet, hätte sie diese Aufdringlichkeit schulterzuckend und kommentarlos abblitzen lassen. Aber der feste, ja verbindliche Klang seiner Stimme mit der leicht singenden Melodie erregte dann doch ihre Aufmerksamkeit. Nach kurzem, witzigen Wortwechsel landete sie schließlich, neugierig geworden, neben ihm in der Bar der Ferienanlage. Der Drink war tatsächlich blau wie ihre Augen und schmeckte vorzüglich. Er hatte es in sich, und so endete der Abend entgegen all ihren sonstigen Überzeugungen in seinem luxuriösen Zimmer. Aber wenn sie, angesäuselt von drei blauen Cocktails, erwartet hatte, er würde sie möglichst schnell in sein Bett lotsen, sah sie sich enttäuscht. Er drückte sie in einen tiefen Sessel, zog sich einen lederbezogenen Hocker heran, schob mit eisernem Griff ihre Knie auseinander und setzte sich mit dem Hocker dazwischen. Sagte erst lange kein Wort.

„Wie fühlt sich das für dich an, von mir hier so fixiert zu sein?“, hatte er plötzlich gefragt.

Sie hatte erst einmal tief Luft geholt. Tatsächlich hatte sie sich im Augenblick gefühlt wie ein Schmetterling aufgepinnt auf einer Insektentafel.

„Ich vertraue dir, dass du mich nicht zu einem aufgespießten Schmetterling machst!“, war ihre Antwort gewesen.

Er hatte sie amüsiert angesehen und gefragt: „Wofür sollte ich das tun?“

„Für deine Schmetterlingssammlung?“

Nach kurzer Pause hatte er gesagt: „Meine Versuche.“

„Ich bin dein Versuchstier? Wofür?“

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Deine Meinung

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

09.12.2023 um 01:35 Uhr

Ich habe deine Geschichte wie immer verschlungen......und dann dieses überraschende Ende! Hat mir sehr gut gefallen!

Diedie Nerin

Autorin.

26.11.2023 um 09:55 Uhr

unglaublich gut die empfindungen der heldin in eine spannende geschichte gegossen. großartig, wie nur über andeutungen und tagträumerei die tiefer liegenden sehnsüchte an die oberfläche schwappen. runum gelungen!

25.11.2023 um 19:32 Uhr

Findest es sehr schön geschrieben , sehr mitreißende geschichte. 

 

Die zum Träumen einlädt

Christina Saphir

Förderer.

24.11.2023 um 16:03 Uhr

Wie das Leben so spielt.

Eine klassische und sehr schöne Geschichte, finde ich. Und eine tolle Idee für das "Päckchen"!

Robert S

Autor.

11.11.2023 um 04:49 Uhr

Ich habe einen stilistisch sehr guten Text gelesen. Deine Protagonistin konnte ich nicht nur nachvollziehn, sondern auch nachfühlen. Ihre Wünsche, ihre Sehnsucht und besonders das Zerplatzen der Hoffnung am Ende begleiten mich nach dem Lesen deiner Geschichte weiter.

hexlein

Autorin.

10.11.2023 um 12:45 Uhr

ach Du herrjemine....

 

lieber poet was hast du da nur wieder gezaubert.

Du nimmst mich mit und lässt mich die Sehnsüchte erleben und während ich mich die ganze Zeit frage, ob dieser Wecker vielleicht doch etwas mit den interessanten Herrn zu tun hat, ist bereits alles zu spät.

 

Ist es wieder einmal eine verpasste Gelegenheit im Leben, oder wird sie kämpfen und versuchen zu erklären, versuchen den Mann zu finden, oder wird sie einfach nur darüber sinnieren, was hätte sein können? Wird sie ..ach Du ahnst nicht, was gerade in meinem Kopf los ist

 

ich danke Dir sehr für diese Geschichte, die mich so vieles in meinem Kopf weiter spinnen lässt..ich mag solche Geschichten mit offenem Ende

 

07.11.2023 um 22:29 Uhr

…oh nein, wie gemein! 

 

Was lernen wir daraus? Immer erstmal die gesamte Post sichten. 😉

 

Vielleicht schenkst Du uns Lesenden ja doch eine kleine Fortsetzung der Geschichte? Wäre doch zu schade, wenn die beiden nicht zusammen gefunden hätten… 

 

Danke für diese schöne Erzählung.

Sesemie

Autorin.

07.11.2023 um 19:14 Uhr

Das ist so ein Text, bei dem man panisch beim Weiterscrollen aufs Seitenende schaut, ob er es nicht vielleicht schon wieder tut... er, dieser Poet... das Kopfkino in Gang bringen und einen dann via unerwarteter Wende mit seiner wilden Phantasie zurücklassen... eine Spezialität dieses Poeten. Kurz war ich erleichtert, als sie den Brief gefunden hat und habe mich in Sicherheit gewogen. Nein, diesmal geht es doch noch weiter- habe also einmal nicht panisch gespickelt - und dann eben doch! Arrrrrrgh!

Aber danke vielmals. Wie immer ein Genuss.

Noras Marie

Profil unsichtbar.

06.11.2023 um 03:25 Uhr

geändert am 06.11.2023 um 03:41 Uhr

Ach das tut weh....

Lieber Herr Poet, da ist ihnen aber ein Meisterstück an Warnung gelungen! Volltreffer. Volle Punkte. Wow, so gruselig!

Ich muss zum Briefkasten ...

Meister Y

Autor. Förderer.

05.11.2023 um 15:15 Uhr

Geschätzter poet, eine wirklich tolle Kurzgeschichte. Du baust Spannung auf, die man mitfühlt, Du zeigst uns, wie schnell man in den bodenlosen Abgrund fällt und gibst uns am Ende die Moral mit, dass es doch besser ist, Post gleich zu öffnen, an statt sie in die Ecke zu schmeißen. Aber so ist das, wenn die eigenen Erwartungen über allem stehen, wenn die eigene Gefühlswelt Achterbahn fährt.

Wunderbare Unterhaltung zum Nachmittagskaffee, danke, dass ich sie lesen durfte.

Berücksichtigt wurden nur die letzten Kommentare.

Zu allen Beiträgen im Forum zu dieser Veröffentlichung.