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In den gestreckten Galopp

Eine BDSM-Geschichte von Schattenwölfin.

Vorlesen

Mit angewinkelten, gespreizten Beinen liege ich auf dem alten Holztisch, der zusammen mit der Hightech-Kochinsel und in rechtem Winkel dazu den Mittelpunkt unserer Küche bildet. Statt Töpfen aus Edelstahl oder einem gusseisernen Bräter steht heute das Tablett aus altem Hotelsilber auf dem Kochfeld; darauf liegen eine Kerze und Streichhölzer, eine Zigarre, der Schneider dazu, Nippelklemmen und die kurze Springgerte. Unweit des Tisches ist die Weidentruhe abgestellt, die Du von unserem Spielboden heruntergeholt hast, darin vermutlich weitere Nettigkeiten für einen kurzweiligen Abend, obenauf der schwarze Seidenschal. Heute also der Küchentisch als Spielwiese, auch wir bedienen uns gerne mal eines Klischees. Der Ofen bullert seit dem frühen Morgen und es ist wunderbar warm. 

Das Licht scheint dagegen erbarmungslos hell von der Dunstabzugshaube auf mich herab. Mir ist mulmig zumute. Es ist nicht mehr der Körper einer Zwanzigjährigen, auch nicht der einer Dreißigjährigen, in dem ich stecke. Als könntest Du meine Gedanken lesen, nimmst Du mein Gesicht zwischen Deine Hände und flüstert mir zu, wie schön Du mich findest. Gut. Doch etwas bleibt: Der nächste Hof ist weit weg, unser Haus liegt geschützt von hohen Hecken abseits der Straße, und Besucher kommen um diese Uhrzeit nicht unangemeldet zu uns, aber dennoch...

Gleich machst Du es dunkel, sagst Du, als könntest Du wieder meine Gedanken lesen, greifst nach dem Seidenschal und lässt ihn über mich hinweg gleiten. Ich schließe die Augen und bin nicht sicher, ob das Tuch mich überhaupt berührt oder der Lufthauch, den es über meine Haut streichen lässt, meine Härchen aufrichtet - dort, wo welche sind. Das schwarze Tuch ist mein liebstes Accessoire, mit dem Du mich öffnest, indem Du mir die Augen schließt. Mich öffnest, indem Du meine Sinne so schärfst, dass ich ganz tief in mich hinein sehen, hören und fühlen kann.

Ich lausche. Zunächst höre ich die Kühlschranktür, bin nun ganz Ohr. Die Frage, wie ich mich hier wem präsentiere, der von woher auch immer herein schauen mag, ist von der Dunkelheit um mich verschluckt. Ich präsentiere mich nur Dir und das Verlangen, dass Du mich annimmst, wird zum vorherrschenden Gedanken. Ich bin vom Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt, diese besondere Form der Liebe, die sich zu dem Wunsch nach eigener Hingabe verdichtet und danach, dass diese von Dir genommen wird, dass ich von Dir genommen werde. Der Kopf ist frei, meinen Füßen bleibt die Freiheit verwehrt durch die Spreizstange.

Ich lausche. Ich rechne mit dem satten Plöpp eines Sektkorkens und höre Metall klirren. Metall, das ungleich schwerer sein muss als die Kette, mit der die beiden Nippelklemmen verbunden sind. Kurz darauf nehme ich seinen Geruch wahr, Du musst mir das Was-auch-immer-es-ist direkt unter die Nase halten.

Kälte. Da ist plötzlich eine mörderische Kälte, die von meinem Hals abwärts schleicht, den Busen und Bauch hinab zu meinem Hügel und die auf meinem Juwel inne hält. Dort verwandelt sie sich augenblicklich in eine glutartige Hitze, die mich wellenartig durchströmt, und meiner Kehle entrinnt dieser Laut, von dem ich nicht weiß, ob er menschlichen Ursprungs ist, obwohl er doch ganz tief aus meinem Inneren kommt.

Du hast ihn einmal als Dein persönliches Signal bezeichnet, um in unserem Spiel vom gemächlichen Trab in den gestreckten Galopp zu wechseln.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

28.11.2020 um 09:41 Uhr

Oh wow, wie wunderbar geschrieben. Danke für diese Zeilen

hanne lotte

Autorin. Korrektorin. Förderer.

28.09.2018 um 20:59 Uhr

Nur eine Momentaufnahme, ein Blitzlicht und im grellen Licht der Abzugshaube zeigt sich die Ambivalenz des Spiels - Zweifel und Vertrauen, Hingabe ind Vorsicht. Festhalten und Loslassen.

Am Ende Loslassen.

 

Danke für das Klischee auf der Spielwiese ind den Blick durchs Fenster

hanne

Gelöscht.

04.09.2018 um 02:55 Uhr

Sehr schön, kurz aber mit viel Tiefgang

Meister Y

Autor. Förderer.

06.11.2015 um 10:53 Uhr

Wahnsinn...

Nie hätte ich gedacht, dass man mit so wenigen Zeilen so viel aussagen kann. So viel beschreiben, wiedergeben kann. Tiefe Gefühle, Unsicherheit, ein Quentchen Selbstzweifel, Hingabe, Vertrauen, den Schrei nach Liebe, nach besonderer Liebe. Pures Kopfkino, emotional, detailverliebt, besser geht es nicht.

Sicher hättest Du die Geschichte weiter schreiben, hätte der Leser sie weiter denken können. Aber nein, diese Zeilen sagen eigentlich alles, wirklich alles aus. Haben mich tief beeindruckt.

Danke für dieses besonders gelungene Stück, hier auf den Schattenzeilen.

Gelöscht.

13.09.2014 um 09:39 Uhr

Ein Text dem es an Fantasie und Gefühl nichts außer acht lässt.

Danke für die schönen Zeilen.

Michelle

Profil unsichtbar.

11.09.2013 um 08:08 Uhr

Einfühlsamer Text. Sehr schön geschrieben. Danke!

Rote Sonne

Profil unsichtbar.

10.09.2013 um 23:41 Uhr

Wenn einem, bei Deiner beschriebenen Kälte

ein Schauer über den Rücken läuft,

Gänsehaut ausbreitet

und sich tiefer in seine Decke mummelt,

dann hast Du es perfekt beschrieben.

 

Danke für diese schöne Geshichte

RoteSonne

Gelöscht.

09.06.2013 um 23:14 Uhr

hm,

 

mir ist der text ein wenig zu kurz

 

gerade als man sich in das geschehen einliest, endet es

 

schade

 

gruss

 

xenja

Reisender

Autor.

08.06.2013 um 12:07 Uhr

Ein feiner, tiefer Text, dem nichts fehlt. Mir erzählt die Geschichte alles, was sie erzählen soll. Denke ich *lächel*

Das: "...Mich öffnest, indem Du meine Sinne so schärfst, dass ich ganz tief in mich hinein sehen, hören und fühlen kann. ..." ist für mein Gefühl hier zentral - und sehr schön ausgedrückt.

08.06.2013 um 00:10 Uhr

Wow! So eine kleine Geschichte, mit so viel Tiefe. Das berührt mich! Hab Dank für diesen Einblick in eine Seele, in Gedanken deren Ursprung wir hier (hoffentlich) alle kennen, wieder erkennen. Einfach wunderbar geschrieben

Berücksichtigt wurden nur die letzten Kommentare.

Zu allen Beiträgen im Forum zu dieser Veröffentlichung.

 

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