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Letzte Anweisung

Eine BDSM-Geschichte von Schattenwölfin.

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Drei Wochen bin ich nun auf dieser Station und kann noch immer nicht glauben, wie schnell alles gegangen ist. Noch kein halbes Jahr ist es her, dass ich mit Dir im Sprechzimmer von Dr. Maschke saß, der uns mit ernster Miene die Ergebnisse der Untersuchungen mitteilte und dass an ihnen nichts zu deuteln sei, gar nichts. Ein halbes Jahr, vielleicht ein ganzes, was er nicht glaubte, hätte ich noch zu leben. Hätte ich noch Zeit, hätten wir noch Zeit.

Ich erinnere mich nicht mehr, wie wir an diesem Tag nach Hause gekommen sind. Ich sehe uns in der Küche sitzen und weinen; unsere Kinder waren in der Wald-Freizeit. Wie sollten wir ihnen erklären, wenn sie nach Hause kämen, was wir selbst nicht verstanden? Ich wollte noch nicht sterben. Wer will das mit Anfang vierzig? Ich wollte nicht ohne Dich sein, ohne die beiden Töchter, unser Haus, unsere Freunde. Ich war traurig. Ich war zornig. Ich hatte Angst. Eine Höllenangst hatte ich, besonders vor den Schmerzen.

 

Ausgerechnet ich, die ich mich sonst so komplett fühle im Schmerz, die ihn dankbar und stolz annimmt von und aus Deinen Händen.

 

Diese anderen Schmerzen, vor denen ich mehr Angst hatte als vor dem Tod, diese Schmerzen kamen schneller, als ich gedacht habe, so dass ich bald nicht mehr ohne Medikamente über die Tage und durch die Nächte kam. Den Schmerzen konnte ich Einhalt gebieten mit den Tropfen, nicht jedoch der Ermüdung meines Körpers, die mich schließlich vor drei Wochen gezwungen hatte, den Weg hierher zu nehmen.

Als Familie haben wir uns in den letzten Wochen arrangieren müssen mit dem Unvermeidbaren, das um uns herum schleicht, dem Tod, der seine Hände unerbittlich ausstreckt nach mir, Freund Hein... Freund? Wollte ich den Tod als Freund in mein Leben lassen?

Wir haben ein Sommerfest in unserem Garten gefeiert mit Verwandten und Freunden. Obwohl alle mit angepackt haben, hat es mich so viel Kraft gekostet, dass ich irgendwann in der alten Hollywoodschaukel eingeschlafen bin, für die wir schon immer belächelt wurden und die ich nie zu lieben aufgehört habe. Am frühen Morgen des nächsten Tages haben wir miteinander geschlafen. Zum letzten Mal, und zum ersten Mal nach langen, langen Jahren behielt ich die Augen verschlossen, damit ich mir diesen Körper nicht ansehen musste, den die Krankheit so rasch ausgemergelt hatte.

 

Und jetzt, keine zwei Monate später, bin ich fast nur noch Schmerz. Schmerz, der sich nicht in Lust verwandelt, sondern Schmerz ist und Schmerz bleibt. Mein Körper, nicht gezeichnet von den Spuren Deiner Hiebe, sondern von den Spuren, die Spritzen und Infusionen unter die dünne Haut gezeichnet haben.

Seit gestern geht es nicht mehr ohne den Tropf. Alle drei Stunden kommt eine Schwester, füllt eine Wunderflüssigkeit hinein, und der aufkeimende Schmerz verwandelt sich. Nicht in Lust, aber in Träume, Träume von der Lust und Erinnerungen, die sich mit den Träumen verweben und ihn wieder zum Leben erwecken in mir, den liebgewonnenen Schmerz. Ich werde unruhig, öffne die Augen und Du bist da, und das Leuchten in Deinen Augen verrät mir, dass Du genau weißt, woher meine Unruhe kommt.

 

Ich lächle Dich an, mein Mann, mein Kamerad, mein Geliebter, mein Gebieter, versuche etwas zu sagen, doch Mund und Kehle sind so trocken. Du reichst mir die Schnabeltasse mit derselben Hingabe wie früher den Rotweinkelch.

Mit einiger Anstrengung gelingt es mir, Dich zu fragen: „Weißt Du noch, Hamburg...?“ Du nickst mit dem Kopf, der Kloß in Deinem Hals ist groß, Du drückst leicht meine Hand, ganz, ganz leicht. Wie wenig hat die Berührung gemein mit den früheren Hieben. Wie viel hat sie mit ihnen gemein, weil sie getragen ist von derselben großen Liebe.

 

Ich dämmere weg, sitze wieder mit Dir im Auto, dem roten Golf, aufgekratzt wir beide wie frisch verliebte Teenager. Tatsächlich hast Du aus irgendeiner Kiste im Keller ein altes Tape heraus gekramt. Aus den Boxen erklingt ein Mix, zu dem wir schon früher - meistens nachts - über die Landstraßen und Autobahnen gebrettert sind. Phil Collins fühlt es kommen in dieser Nacht, und wir kommen erst einmal nicht voran, sondern stehen im Stau vor dem Elbtunnel.

 

Doch irgendwann sind wir da. Mit großen leuchtenden Augen betreten wir das Domizil, das für die nächsten Tage unser zu Hause sein soll. Kaum aber, dass wir die Wohnungstür hinter uns geschlossen haben, tritt anstelle des guten Gefühls der Vorfreude das unangenehme Gefühl der Überforderung, die Angst, an den eigenen Erwartungen zu scheitern. Wir haben uns die Kosten für diesen Trip vom Mund abgespart. Wir wollten doch unbedingt hierher und nun stehen wir in der Wohnung und können uns so gar nicht einlassen auf ihre spezielle Art und die außergewöhnliche Einrichtung. Wir entscheiden uns für frische Luft und einen Spaziergang entlang der Elbe von Altona in Richtung Blankenese. Dem Austausch von Belanglosigkeiten folgt Schweigen, dem Schweigen eine Bemerkung über das Wetter. Du denkst, was machen wir eigentlich hier. Ich denke, was machen wir hier eigentlich.

 

„Ich will nicht hier an der Elbe sein, ich will jetzt in die Wohnung zurück. Sch... auf Altona und Blankenese, die Elbe mündet in die Nordsee, das weiß ich“, sprudelt es aus mir heraus. „Was ich nicht weiß ist, wie es sich anfühlen mag, auf dieser Streckbank fixiert zu sein, die so klasse aussieht, und wie Du dort die ganzen Gerätschaften an mir ausprobierst, die in dem Schrank hinter der Glastür hängen und liegen. Das macht mich geil. Tu etwas. Ruf uns sofort ein Taxi oder ich reise ab. Ich...“ Deine Lippen auf meinen unterbrechen den Redeschwall mit einem leidenschaftlichen Kuss, an dessen Ende Du das Taxi rufst. Heftiges Knutschen auf dem Rücksitz, auch das eine Premiere. Wir kommen nach der kurzen Fahrt wie von Sinnen zurück in die Wohnung, ziehen uns noch im Flur die Kleider von den Leibern und fallen dort übereinander her, ohne Streckbank, ohne Fesseln und Peitschen, nur mit uns. Und das Nachspiel wird zum Vorspiel und zusammen bilden sie den Auftakt für drei supergeile Tage. Nachdem wir wieder zu Atem gekommen sind, hast Du mich angesehen und auf die Streckbank geschickt, mir das Licht genommen mit der ledernen Augenmaske, mich fixiert, gestreckt, geleckt, liebkost, gehauen, mich mit Hilfe der Dildos und Vibs in große Höhen der Lust katapultiert. Viel geschlafen haben wir nicht in unseren Hamburger Tagen und Nächten.

 

Am Morgen gönnen wir uns als einzigen weiteren Luxus außer uns selbst ein Frühstück im Hotel Atlantik und genießen noch ein wenig das Treiben an und auf der Binnenalster, bevor wir eingedeckt mit einfachen Lebensmitteln aus dem Supermarkt zurückkehren in die Wohnung. Der Rotwein aus dem Tetrapack bekommt, umgefüllt in die Karaffe, die zum Inventar der Wohnung gehört, einen glamourösen Auftritt. Dein glamourösester Auftritt ist die Lektüre der Tageszeitung, während Du auf dem gynäkologischen Stuhl Platz genommen hast, es sei doch schade, ihn gar nicht zu nutzen, meinst Du mit einem Zwinkern in den Augen, und ich bemühe mich, dabei nicht an den Thron zu denken, auf dem Du sonst die Zeitung zu lesen pflegst.

 

Sonst probieren wir alles aus, was Herz und Lenden begehren. Wir werden eins mit unseren Rollen. Lange schon hast Du den Wunsch gehabt, mich zu knebeln, aber stets Rücksicht genommen, dass ich mich meines wichtigsten Ausdrucksmittels nicht habe berauben lassen wollen. Im Rausch, in den wir uns hinein gespielt haben, fällt es Dir plötzlich leicht, Deinen Wunsch in eine Anweisung zu verwandeln. Alleine die bestimmte Art, mit der Du verlangst, was ich nicht will, das Inaussichtstellen einer solchen Grenzüberschreitung, erregt mich plötzlich bis an den Rand einer Ohnmacht und ich gebe allen Widerstand auf.

 

Unersättlich bin ich irgendwann, will keine Stunde der kostbaren und kostspieligen Zeit verschenken, Dir, uns keine Pause gönnen. Die Stimmung droht einen Moment zu kippen, ich bin den Tränen nah und zetere vor mich hin, und Du grinst mich einfach an, Dein Blick wandert hinter mich zu dem Käfig. Dein Grinsen wird noch breiter, als Dir bewusst ist, dass ich Deine Absicht erahne. „Alles nur das nicht“, denke ich. „Das kann doch nicht sein Ernst sein.“ Glücklicherweise beschränkst Du Dich darauf, mich mit Handschellen außen an den Käfig zu binden und dort zu lassen, um Dich eine halbe Stunde auszuruhen. “Keine Sorge, Kunkelchen, ich stelle mir den Wecker“, sagst Du und verschwindest im Schlafzimmer. Als Du wieder zurück kommst, bist Du sehr ausgeruht, ich jedoch der unbequemen Haltung zum Trotz fest eingeschlafen.

 

Ich werde wieder wach und höre die Schwester zu Dir sagen: „Sehen sie doch, wie gut das Schmerzmittel anschlägt. Ihre Frau macht ein ganz entspanntes Gesicht.“

 

Noch einmal tauche ich kurz zurück in meine Erinnerungen an diese drei Tage, habe wieder meinen Speck auf den Hüften, pralle Schenkel und Brüste, einen gestriemten runden Hintern. Ich kehre zurück ins Jetzt und weiß, dass meine nächste Reise unvergleichlich länger sein wird und ich Dich zurücklassen muss.

 

Und ich warte auf Deine letzte Anweisung, die mich gehen lässt.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

poet

Autor.

25.03.2024 um 11:41 Uhr

Bin durch Zufall auf diesen Text gestoßen, im erstenMoment erstaunt: So etwas erwartet man kaum, wenn man einen SZ-Text anklickt. Aber dann hat er mich doch in seinen Bann gezogen und ich empfand die Spannung zwischen diesen beiden Arten von Schmerz durchaus großartig zusammengeführt. In jeder Hinsicht ein Ausnahmetext in den SZ!

26.06.2023 um 11:20 Uhr

Sowas von traurig

Nora

Profil unsichtbar.

26.06.2023 um 09:28 Uhr

Ich bin nicht objektiv in der Sache, in keiner Beziehung. Und daher kann und will ich auch nicht Stellung nehmen zu Martin Müllers Post.

Aber ich kenne die Anweisung, von der Schattenwölfin spricht, nur zu gut.

Der hier hat sie ausgesprochen, so dass sie jeder nehmen kann.

Martin Müller

Förderer.

25.06.2023 um 20:53 Uhr

Hallo Söldner,

hallo Schattenwölfin,

 

herzlichen Dank für Eure lieben Begrüßungsworte und dass Ihr Euch so viel Zeit genommen habt, auf meinen Kommentar einzugehen.

 

Nach meinem Eindruck arbeiten wir uns gerade auch mit an einem Missverständnis ab. Ich habe kein Problem mit der Geschichte an sich. Daran ist alles gut und schön. Die Verbindung zweier Menschen, ihre Liebe, die Umstände des unvermeidlichen Auseinandergehens, der bevorstehende Verlust des anderen, die Erinnerung an die schönen Zeiten, die besonderen Momente - das darin liegende entstehen, festhalten, füreinander einstehen und baldige unweigerliche verlieren. Das habe ich darin gelesen und gefunden. Das habe ich selbst schon mehr als hinreichend oft erleben müssen. Nichts davon habe ich kritisiert oder auch nur kritisch gesehen.

 

"Die Beiden haben geklärt ... dass es einen Zeitpunkt geben wird, an dem sie loslassen müssen. Sie möchte das jedoch nicht tun, ohne dass er sein Okay gibt." (Schattenwölfin) war dasjenige, von dem auch ich gehofft habe, unterstellen zu dürfen, dass es so gemeint gewesen sein sollte. Auch dies habe ich selbst schon erleben müssen. Ohne diese Gewissheit, ohne die darin liegende Beruhigung den anderen nicht ohne Verabschiedung zurückzulassen, das besprochen und gesprochen ist, was gesprochen werden musste, nichts Ungesagtes zurückbleibt, hat der Betroffene keinen eigenen inneren Frieden. Ohne diesen Moment fehlt ihm die Gewissheit nichts Unerledigtes zurückzulassen.

 

Weil ich dies damals selbst frühzeitig habe klären können, war die Therapie und der potentielle negative Ausgang keine Hürde - meine dadurch gelassene Einstellung zu den Umständen führte vor allem zu Verwunderung bei Ärzten und Pflegekräften, aber das ist ein ganz anderes Thema. 

 

In dem Kommentar zu der Geschichte kann ich nur auf das Bezug nehmen, was dort tatsächlich geschrieben steht. Mein Problem mit dem Titel und dem letzten Satz liegt in der "Anweisung". Nun mag ich berufsbedingt (ich muss grundsätzlich vorsorglich unterstellen, dass meine Worte auf die Goldwaage gelegt werden und mir womöglich bei anderer (regelmäßig unpassender) Gelegenheit vorgehalten werden) eine gewisse "déformation professionell" (auf gut Deutsch: eine Macke) entwickelt haben. Eine Anweisung ist eine Anordnung, ein Befehl. Ein Befehl, der sie gehen, hier: sterben lässt. Es tut mir leid. In meinen Augen und nach meinem Verständnis geht das gar nicht und drückt auch nicht aus, was nach Deiner Erläuterung ausgesagt werden sollte. Dass dazu auch noch die Erwartung an den Befehl ausgedrückt wird, potenziert mein Problem mit dem Satz. 

 

Nimmt man den Satz so wie er geschrieben steht (was bleibt mir als Leser anderes übrig?), drückt er aus, dass die Submissive von dem Dominanten den Befehl erwartet, der sie sterben lässt. Sein Befehl lässt sie sterben - nicht die Krankheit, nicht das Loslassen, nicht ihre Einigkeit, nicht die Erinnerung an das Schöne und Gute im Leben. Ich hoffe, Ihr könnt nachvollziehen, warum ich mit dem Titel und dem Schlusssatz (nicht mit der Geschichte dazwischen) ein derart grundlegendes Problem habe.

 

Mehr als genug geschrieben. Ich wünsche Euch einen angenehmen Sommerabend!

 

Gruß

Martin

Schattenwölfin

Autorin. Korrektorin. Förderer.

25.06.2023 um 18:26 Uhr

Vielen Dank für Deinen ausführlichen Kommentar Martin Müller, und auch von mir ein herzliches Willkommen hier.

 

Ich kann Deine Gedankengänge zur Anweisung gut nachvollziehen, tatsächlich wollte ich das aber anders verstanden haben.

Was die letzte Szene und letzte Anweisung betrifft, handelt es sich um reine Fiktion, der allerdings eigene Erfahrungen und der Austausch mit anderen unmittelbar und mittelbar Betroffenen zugrundeliegen.

Wenn sich der Tod aufgrund einer schweren Krankheit abzeichnet, dann sollten Menschen miteinander reden, also die Betroffenen mit ihren Lieben. Dabei lassen sich im besten Fall viele Dinge klären, was den ein oder anderen Schritt leichter machen mag.

In diesem Kontext spielt „Letzte Anweisung“. Die Beiden haben geklärt — was nicht erwähnt wird, weil es den Rahmen sprengen würde, wenngleich um den Preis möglicher Missverständnisse —, dass es einen Zeitpunkt geben wird, an dem sie loslassen müssen. Sie möchte das jedoch nicht tun, ohne dass er sein Okay gibt.

Realer Hintergrund: Eine der Fragen, die meine Mutter an ihrem vorletzten Lebenstag gestellt hat, war: (sinngemäß) „Kann ich gehen? Kommst Du klar?“

Es ist ja auch eine Anweisung, die sie „gehen lässt“ und nicht auffordert zu gehen.    Dem stünde ich mit derselben Ablehnung gegenüber wie Du.

Letzten Endes passt der Begriff einfach in den BDSM-Kontext und deswegen habe ich ihn wahrscheinlich gewählt, ohne zu bedenken, dass das „falsch“ verstanden werden kann. Wofür ich aber — auch heute — keinen Hinweis in der Geschichte finde, ist dafür, dass sie gehen soll, weil er ihren Anblick nicht mehr ertragen kann. Insofern Danke Söldner für Deinen Hinweis auf die Liebe.

 

In diesem Sinne beste Grüße

Wölfin

Söldner

Autor. Korrektor.

25.06.2023 um 15:22 Uhr

Ich erinnere mich. Im Januar 2012 habe ich die Geschichte von Schattenwölfin kommentiert. Nach deinen Gedanken zum Text habe ich sie nochmals gelesen, mich, elf Jahre später, geprüft. Ich bin derselben Auffassung wie damals.

Ein Gedanke ist mir zu diesem ambivalenten Thema gekommen. Gründe für den unterschiedlichen Umgang mit dem Ende des Lebens sind sicher eigene Prägung und Lebenserfahrung. Vielleicht spielt auch Glauben eine Rolle. Persönlich habe ich ihn nicht. Licht aus, Ende, so hoffe ich. Eines ist mir aber beim erneuten Lesen ganz klar. Sie wartet nicht auf seinen Befehl, damit er sie nicht mehr sehen muss. Ich sehe in der Geschichte und ihrem Ende Liebe.

 

Ich schreibe erneut zum Thema, weil ich es als bereichernd empfinde, hier deine Meinung zu lesen, die sich einzig von allen anderen abhebt und mich zum Nachdenken über dieses Thema gebracht hat.

Willkommen auf den Schattenzeilen, Martin Müller.

Nora

Profil unsichtbar.

25.06.2023 um 13:42 Uhr

Und wieder triffst du mich in mein schwarzes Herz, Wölfin. Aber das wolltest du ja, oder? Manche Wunden heilen eben nur, wenn man sie immer wieder aufreisst.

Danke für diesen Text. 

Danke für die Erinnerung die er bei mir auslöst. An jede*n einzelnen meiner Patient*innen, die ich gehen lassen musste, bis hin zu meiner Mom.

Und Danke fürs Weinen lassen.

 

Was bin ich froh, dass ich hier bin.

Martin Müller

Förderer.

25.06.2023 um 12:00 Uhr

Eine Geschichte, die mich seit ich sie das erste Mal gelesen habe, gedanklich nicht los lies. Leider nicht im sonst von mir durchgängig gemeinten positiven Sinn.

 

Inhaltlich splittet sich die Geschichte in zwei Teile:

 

Zum einen den Erinnerungsteil an Hamburg und die drei dort verbrachten schönen Tage. Ein Abschnitt, der nachvollziehbar ist, Handlungen andeutet ohne zu sehr ins Detail zu gehen, damit der Fantasie des Lesers Raum gibt, wie er sich die Situation für sich am Schönsten vorstellen kann. Hiergegen richtet sich meine Kritik nicht.

 

Zum anderen die Rahmenhandlung, warum sich die Protagonistin an Hamburg erinnert. Sie hat vor wenigen Monate erfahren, dass sie unheilbar krank ist. Jetzt liegt sie seit drei Wochen auf einer Station und benötigt alle drei Stunden Schmerzmittel in einer Stärke die sie dämmern lassen. Die Beschreibung der letzten Monate, von Begebenheiten aus dieser Zeit, Umständen der Erkrankung sind erstaunlich sachlich orientiert. Sie nehmen den größeren Raum ein, als die Tage in Hamburg und bilden dadurch für mich nicht nur einen Kontrapunkt zu Hamburg, sondern den Erzählschwerpunkt. Als jemand, der selbst (wie die Protagonistin der Geschichte mit Anfang Vierzig und in der Familiensituation mit jungen Kindern) schwer erkrankt war und sich noch heute gelegentlich mit den Kollateralschäden der damaligen Behandlungen auseinandersetzen muss, möchte ich aus meinen damaligen persönlichen Erfahrungen mit dem eigenen Körper und Geist sowie den Erlebnissen mit Mitpatienten die in dem beschriebenen Zustand der wandelnden bzw. nur noch liegenden bevorstehenden Leichen waren, in Zweifel ziehen, dass für die Protagonistin eine derartige Erinnerungsfähigkeit in dämmernden Zustand überhaupt denkbar sein kann. Doch dies mag individuell verschieden sein. Bis hierhin war die Geschichte für mich annehmbar. Eine persönliche Auseinandersetzung mit einer für mich insoweit außerhalb einer Kritik stehenden persönlichen Situation.

 

Die beiden Handlungsstränge sind jedoch umrahmt von der Überschrift "Letzte Anweisung", die im Schlusssatz derart wieder aufgegriffen wird, dass sie darauf wartet, diese von ihrem Mann, Kameraden, Geliebten, Gebieter zu erhalten - jenem, der ihr die Schnabeltasse reicht, weil sie ihrer Körperfunktionen schon derart entledigt ist, dass sie selbst dazu nicht mehr fähig ist. Eine letzte Anweisung, die sie "gehen lässt". In dem gegebenen Kontext der Geschichte ist "gehen" gleichzusetzen mit "sterben". Gemeint ist also eine letzte Anweisung, die sie sterben lässt. Für den Fall, dass ich etwas sprachlich missverstanden haben sollte, möchte ich an dieser Stelle fragen, um was für eine "letzte Anweisung" von ihm es sich sonst handeln sollte, angesichts des Umstandes, dass das einzige ihr nach der Erzählung unmittelbar bevorstehende der Tod ist? Was kann er ihr in solch einer Situation noch "anweisen", außer - wie in der Geschichte für mich sprachlich eindeutig vorgegeben - zu sterben? Eine letzte Anweisung mit dem Inhalt: "Geh und erlöse dich von deinen Schmerzen (und mich von deinem Anblick)?" - soll dies ernsthaft die von ihr erwartete letzte Anweisung sein?

 

Losgelöst davon bin ich der Ansicht, dass es (in jeder Beziehungsform) weder eine aktive Berechtigung geben kann und darf, anzuweisen zum Tod hin zu gehen, noch eine passive Erwartungshaltung sich zum Tod anweisen zu lassen, wie es der Titel und der Schlusssatz dieser Geschichte dem Leser darbieten.

Gasandra

Förderer.

24.06.2023 um 20:42 Uhr

Diese Geschichteergreift einen einen weil das Leben so ist, esschlägt zu und lässt uns leiden.

Man erkennt wie groß diese liebe ist, wie wertvoll die Zeit die man miteinander hat.

Seine letzte Anweisung wird mit sicherheit auch sei größter liebesbeweis sein.

Man leidert mit, danke dafür.

Gelöscht.

27.01.2020 um 19:32 Uhr

Die Geschichte ist herzzerreißend.

 

Danke...

 

Viele Grüße

Betty

Berücksichtigt wurden nur die letzten Kommentare.

Zu allen Beiträgen im Forum zu dieser Veröffentlichung.

 

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