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Forum - Schreiben - Übungen

Reizende Worte gegen Schreibblockaden

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Knurrwolf

Profil unsichtbar.

19.11.2015 um 22:11 Uhr

Noch bevor sie die Augen aufschlug, meldete sich ihr Kopf mit einem dumpfen Pochen zu Wort. Es fühlte sich an, als ob jemand ihr mit einem orange glühenden Nagel gegen die Innenseite des Schädels stechen würde und ihre erste Reaktion darauf bestand aus einem lauten Stöhnen. Zumindest klang es für ihre Ohren so, aber da sich ihr Mund trocken anfühlte und jemand ihre Zunge mit einem alten Putzlumpen ausgetauscht hatte, konnte sie sich da nicht ganz sicher sein.

Für ihn war es laut genug gewesen und mit einem bewussten Blinzeln unterbrach er seine Wacht. Schulterlanges Haar umrahmte zusammen mit einem Vollbart ein wettergegerbtes Gesicht und dunkelbraune Augen richteten sich auf die junge Frau, die derzeit auf seinem Schoß saß. Da sie das Gesicht in seine Halsbeuge vergraben hatte, konnte er hauptsächlich das rote Haar erkennen, dass über seine Jacke floss. Letztere hatte er zu einer improvisierten Decke umfunktioniert und sie in den grauen Stoff gehüllt, um es ihr gemütlicher zu machen. Auch wenn Kälte nicht wirklich ein Problem war, da sie direkt neben dem Kamin der Gaststube saßen.

In dieser hatte die junge Frau zusammen mit ihren Kollegen zu Mittag gegessen. Allerdings war zum Ausgleich für das kalte Herbstwetter reichlich Alkohol geflossen, was ihr schließlich zum Verhängnis wurde. Vor einem Sturz  hatte er sie bewahren können und kurzerhand zu sich geholt, um schlimmerem Unglück vorzubeugen. Eine gute Entscheidung wie sich jetzt zeigte.

"Munter wie ich sehe", kommentierte er mit ruhiger Stimme, während er die langstielige Pfeife aus dem Mund nahm. "Wie fühlst du dich?"

"Beschissen", grummelte sie leise und bereute es gleich darauf, als ihr Kopf sich erneut zu Wort meldete.

Der scheltende Laut, der ihm dabei entkam, war nur noch die Krönung und jagte ihr eine Mischung aus Scham und Reue durch die gepeinigten Gedanken.

„Ich denke das kannst du besser Kitz“, mahnte seine Stimme und dann lockte ein leises Klacken.

Als sie den Kopf von ihm abwandte, konnte sie auf dem Tisch zwei Tassen erkennen. Aufsteigende Schwaden aus nebelhaftem Dampf gaben ein wortloses Versprechen auf einen warmen Inhalt und er tippte mit dem Stiel seiner Pfeife eine davon an.

Sich darüber Gedanken zu machen, ob seine Wahl ihr behagen würde, erschien ihr im Moment eine zu große Anstrengung und so griff sie wortlos nach der, in violett gehaltenen, Tasse. Angenehm warm fühlte sich diese unter ihren Fingern an und mit einem genießerischen Seufzen genoss sie den Duft nach Kamille.

„Also?“, er sprach nur dieses eine Wort und transportierte doch damit eine umfangreichere Botschaft, als viele andere Menschen mit leerem Gerede.

Bewusst gab sie sich den Anschein, dass ihre Konzentration auf der Tasse lag und doch schossen unzählige Antworten durch ihren Kopf. Als sie einen Blick riskierte, erkannte sie, dass er geduldig darauf wartete, bis sie die passende gefunden hatte. Seine ruhige Ausstrahlung hüllte sie wie eine weitere Decke ein und mit gewisser Faszination beobachtete sie, wie er das elfenbeinfarbene Mundstück zwischen die Zähne nahm. Dann vermischte sich der Duft des Tees mit dem, sanft in der Nase kitzelnden, Geruch des würzigen Tabaks.

„Mein Kopf dröhnt. Meine Zunge fühlt sich taub an“, sprach sie schließlich leise. „Aber mir ist angenehm warm und… äh, es ist gemütlich.“

Beim letzten Satz hatte sie fast schamhaft ihr Gesicht verborgen. Im nächsten Moment wusste sie jedoch nicht einmal, warum genau. Sein tiefes Brummen war eine positive Bestätigung, die durch seine folgenden Worte vervollständigt wurde.

„Eine ehrliche Antwort Kitz“, sanft sog er an der Pfeife. „Dann werden wir hier noch sitzen bleiben, bis du dich etwas besser fühlst. Und damit dir nicht langweilig wird… kennst du das Märchen von den zwölf Jägerinnen?“

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Meister Y

Autor. Förderer.

23.11.2015 um 06:22 Uhr

@Kaoru: Toll umgesetzt und uns wieder mit in diese kleine Kneipe genommen, deren Atmosphäre Du so schön farbig gestaltet hast, schön. Eine Anmerkung hätte ich noch, ich kenne das Märchen nicht…

 

So, nun habe ich auch mal versucht, etwas aus den „alten“ Wörter zu machen, logischerweise etwas aus alter Zeit. Und weil ich so richtig Lust hatte, habe ich gleich beide Wortgruppen verbaut. Mal schauen, ob es Euch gefällt?

 

 

Goldene Zwanziger

 

„Keine Fisimatenten, wenn Dir Dein Leben lieb ist!“, rief Karl Magda zu, während er sie derb am Arm fasste und ihr den Mund zuhielt. Magda wandt sich, versuchte, der Umklammerung zu entkommen, merkte aber, dass sie der Kraft von Karl nicht gewachsen war. Schnell legte er ihr Handschellen an, fixierte so ihre Hände auf dem Rücken. Steckte ihr sein Einstecktuch als Knebel in den Mund und band seinen Schal darüber. Dann schob er sie zurück in ihre Garderobe im „Zehnerle“, der Tanzbar, in der sich die Größen der Unterwelt trafen um sich zu amüsieren und Geschäfte zu machen.

 

„Weißt Du ob er heute Abend kommt?“, fragte Karl, gab sich als Kriminalkommissar zu erkennen und schaute Magda mit drohendem Blick ins Gesicht.

 

Kess und keinesfalls ängstlich blickte sie ihn an, versuchte, etwas in den Knebel zu sagen, drängte sich gegen Karl bis dieser sie in die orange Ottomane drückte.

 

„Bleib sitzen und höre mir zu!“, befahl er, nahm sich einen Stuhl und setzte sich ihr gegenüber. Bewunderte kurz ihre schwarz/violette Korsage, ihre schlanken Beine, die schwarze Netzstrümpfe zierten. Zog ihr den roten Federschmuck vom Kopf.

Dann erklärte er ihr, dass sie sie Wahl habe. Ihn bei der Festnahme des „Il Grigio“, wie er wegen seiner grauen Anzüge genannt wurde, zu unterstützen oder selbst verhaftet zu werden. Im Prinzip habe er sowieso keine Chance, umstellt sei die Bar von seinen Männern, allerdings wolle er eine größere Schießerei vermeiden, die Sache geräuschlos über die Bühne bringen.

 

„Ich weiß, dass Du ihn in den letzten Jahren weidlich ausgenutzt hast. Ich denke Du weißt, was Dir blüht, wenn er das herausbekommt!“, sagte er zum Abschluss.

 

Magda nickte, legte dabei kokett das rechte Bein über das linke und schaute Karl mit einem Augenaufschlag an. Wieder versuchte sie, etwas in den Knebel zu sagen.

 

„Wenn Du schreist, bekommst Du ihn sofort wieder!“, sagte Karl, band den Schal auf und zog ihr sein Einstecktuch aus dem Mund.

 

Tief atmete Magda durch. „Kann ich eine Zigarette haben?“, fragte sie und deutete mit dem Kopf auf die elfenbeinerne Zigarettenspitze, die vor dem Spiegel ihres Schminktisches lag. Karl steckte ihr die Zigarettenspitze in den Mund, zündete die Zigarette an, von der Magda einen tiefen Zug nahm.

 

„Sie wissen, dass sie ihn niemals kriegen werden.“, sagte sie, schaute dabei Karl fest in die Augen. „Egal was sie ihm über mich erzählen, es sind Petitessen für ihn, er liebt mich, auch wenn er seine Frau niemals verlassen wird.“

 

„Glaubst Du das wirklich?“ herrschte Karl sie an, steckte ihr das Tuch wieder in den Mund und band den Schal darüber. „Gut, dann muss es eben ohne Dich gehen. Fertig bin ich mit Dir noch nicht, das verspreche ich Dir!“.

 

Plötzlich war von draußen Krach zu hören. Laute Stimmen, Schreie.

 

„Du bleibst hier sitzen, verstanden!“

 

Karl zog seinen Revolver, ging durch die Tür und verschloss diese von außen.

 

Kurz darauf öffnete sich eine unsichtbare Tür neben dem Schminktisch. Il Grigio, wie man Edwin nannte, trat ein.

 

Erschrocken und erleichtert zugleich schaute Magda ihn an.

 

„Schätzchen, was musste ich da eben über Dich erfahren? Ausgenutzt hast Du mich, so, so. Ich denke, Du wirst mir einiges erklären müssen!“

 

Dann zog Edwin Magda hoch, schob sie vor sich her, zu der Geheimtür, hinein in den Gang, der durch mehrere Keller in einen anderen Hinterhof führte.

 

„Ich weiß gar nicht ob wir für die einen Schlüssel haben.“, raunte er ihr ins Ohr, zog dabei leicht an den Handschellen und gab ihr einen kräftigen Klaps auf den Po.

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ungewiss

Profil unsichtbar.

23.11.2015 um 10:38 Uhr

Meister Y: Sehr cool! Am Anfang dachte ich: Co bitte, keine Vergewaltigungsgeschichte. Aber du hast in diesem kurzen gleich zwei Wendungen verbaut, die mich überrascht haben - und die sehr elegant daher kommen, ohne dass man stilistisch darüber stolpert, dass es plötzlich ganz anders weiter geht als erwartet. Jetzt würde ich nur zu gern Mäuschen spielen, wenn sie "einiges erklären muss".

 

Kaoru: ich könnte hier jetzt meinen Kommentar vom ersten Teil posten... Ich mag einfach die Protagonisten in dieser Geschichte. "Kitz" ist übrigens ein sehr schöner Kosename für sie. Und auch ich bin sehr gespannt, welche Art Mörchen er da wohl erzählen wird.

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Knurrwolf

Profil unsichtbar.

23.11.2015 um 18:04 Uhr

@MeisterY: Geschickt zwei Vorgaben in einer Geschichte vereint und wer hat sich da vom Noir-Flair anstecken lassen

Es ließt sich wirklich wie aus  "Nick Knatterton" oder "Dick Tracy"

 

@Ungewiss: Danke, freut mich wenn mir Fortsetzungen ebenso gut gelingen wie die Originale. Irgendwie hat dieses urtümliche was und inspiriert zu mehr als nur zu einem neuen Kosenamen.

 

Und um "Die zwölf Jäger" sehr kurz und sehr knapp zusammenzufassen:

Ein König wird zum Sterbebett seines Vaters gerufen und gibt seiner Verlobten einen Ring. Sein Vater sagt ihm er soll eine andere heiraten. Daraufhin sammelt seine Verlobte elf Frauen um sich, verkleidet alle als Jäger und geht zum Hof des jungen Königs. Dort vereitelt sie jeden Versuch, sie zu enttarnen, bis der König sie bei einem Jagdausflug, in dem sie vom Pferd stürzt, enttarnt und doch sie heiratet.

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Meister Y

Autor. Förderer.

24.11.2015 um 06:43 Uhr

@ungewiss und Kaoru: Schön, dass es Euch gefallen hat. Ich denke, dass Noir-Flair war bei den Wortvorgaben ein Muss, wobei ich schon zugeben möchte, dass mir die Wortvorgaben wirklich gut gefallen haben.

 

@Kaoru: Danke für die Märchenerklärung  . 

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ungewiss

Profil unsichtbar.

30.11.2015 um 13:08 Uhr

Meine Lieben,

 

heute seid ihr mal dran. Der Adventskalender hier auf den Schattenzeilen ist zwar schon voll, aber ich möchte meine eigene Adventstradition trotzdem fortschreiben. Es soll also ein weiterer Teil der Weihnachtsmann-Serie entstehen. Das geht aber nicht aus der Kalten, denn alle Teile bisher sind jeweils das Ergebnis der Warmschreibübungen unserer Schreibwerkstatt. Dieses Jahr gab es aber keine, deshalb brauche ich jetzt euch als Stichwortgeber.

 

Und das habe ich mir so gedacht: Jeder postet EIN (!) Reizwort, wenn vier oder fünf da sind, haben wir unsere Übung und außer mir kann dann natürlich auch jeder andere loslegen und schreiben.

 

Also, legt los! Vielen Dank

Anita

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dienerin

Autorin. Förderer.

30.11.2015 um 14:34 Uhr

Hallo Ungewiss

 

ich reiche dir mal das Wort

 

"gestreift"

 

rüber

 

Gutes schreiben, ich freue mich auf die Fortsetzung

Dienerin

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Knurrwolf

Profil unsichtbar.

30.11.2015 um 18:44 Uhr

Dann schließe ich mich mal an mit dem Wort:

 

"Mandarine"

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eileen

Profil unsichtbar.

30.11.2015 um 20:03 Uhr

Ich würde noch das Wort "Überraschung" einbringen. 

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Meister Y

Autor. Förderer.

01.12.2015 um 06:37 Uhr

Guten Morgen,

 

da wir es auch nicht immer besonders leicht haben, kommt von mir das Wort

 

Kufenbruch.

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