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Forum - BDSM - Ledersofa

10.11.2011, 23:50 Uhr, Arte: 24/7 The Passion of Life

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Delphyn

Profil unsichtbar.

23.11.2011 um 19:51 Uhr

Hab's mir angeguckt, trotz 23.50 Uhr. Der von mir vorher zitierten Fernsehzeitungs-Bewertung schließe ich mich nicht an. Der Film hat durchaus gelungene Momente, vor allem im Vergleich zu dem Müll, der einem sonst manchmal als 'Tipp des Tages' etc. vorgesetzt wird.

 

Ein Highlight für mich: die vorgelesenen Gedichte. Und gleich die Frage (für die, die so lange Beiträge nicht lesen ): weiß jemand die Autoren dieser Gedichte?

 

Ein weiteres Highlight: der lapidare Kommentar von Domina Maria nach dem Kundentelephonat: "Kommt eh nicht." --- mit DER Betonung. Das war absolut glaubhaft, rund, durchaus witzig. Super. Muß man gesehen haben, um zu wissen, was ich meine. Und wäre der ganze Film in dieser Qualität, würde ich sagen: das sollte man sich unbedingt anschauen.

 

Leider wirken die meisten 'thementheoretischen Gespräche' im Film dagegen eher aufgesetzt. Vortragsartig. Redet so irgendjemand wirklich? Gerade da wäre es schön gewesen, wenn sich die Filmemacher mehr Mühe gegeben hätten, das glaubhafter rüberzubringen. Und daß die Darsteller das (zumindest zum Teil) gekonnt hätten, zeigt das obige Beispiel.

 

Ich hab mich gefragt: für welche Zielgruppe ist dieser Film gemacht? Für Insider, die schon eigene Erfahrungen mit dem Thema gemacht haben, die sie assoziieren können, wodurch ein Wiedererkennungeffekt entsteht und man vielleicht deswegen sagt: guter Film, denn endlich macht mal jemand einen Film über 'uns'? Oder vielleicht für andere, die zumindest Toleranz, Offenheit und Neugierde genug aufbringen, sich nicht einfach nur moralisch sauber schockiert den eigenen Vorurteilen zu überlassen? Oder für die Mehrheit der Bevölkerung, die keine Ahnung hat und sich vielleicht über so einen Film ein Bild machen könnte, was da eigentlich (wirklich) passiert in dieser ominösen BDSM-szene, und bei Dominas, und in Swinger-clubs...? Das wäre eine Chance, die Menschen, die sich in diesen Szenen bewegen, ein bißchen aus der Schublade 'Das ist ja bloß perverses Gerammel' herauszuholen, in denen sie bei vielen 'normalen' Leuten sitzen. --- Und wieweit ist der Film dann gelungen?

 

Im Lauf des Films anhand des 'Jesus' überzeugend herausgearbeitet war der Rollenspiel-charakter mancher Sessions, und daß es sich dabei z.T. um hoch psychoaktive Rituale handeln kann. Wobei ich meine Zweifel habe, ob sich mit so komplexen Ritualen manche Domina und mancher Dominus ohne psychologische Ausbildung nicht überheben würde. Dann können solche 'Spielchen' in der Auswirkung auf den 'Bespielten' auch gefährlich werden.

 

An der Stelle mißfiel mir die Kombination von BDSM mit gnostischem und softsatanistischem Gedankengut. Dieser Punkt wäre durchaus interessant, war mir aber zu unreflektiert, lediglich angerissen, wie manches andere im Film eher zum kuriosen, pseudotheatralischen Effekt reduziert, unterstützt durch die z.T. katastrophale Musikauswahl (Die Lieder mit Klavier etc. waren stimmungs-passend. Dagegen die Klassik... Ich mag Klassik, aber hier nervte sie mich total.) Es könnte beim uninformierten Zuschauer der Eindruck entstehen, daß das alles dasselbe ist. BDSM, Dominas, Softsatanismus, Grufties... Also alles, was irgendwie gesellschaftlich abweicht --- 'diese ganzen Spinner halt' --- , in einen Topf, einmal umgerührt, fertig. Das wäre schade.

 

Es gibt durchaus Anklänge von Mehrschichtigkeit im Film. Die wären ausbaufähig gewesen, und herausgekommen wäre dann ein Film, den vielleicht nicht nur Insider gut finden. In manchen kurzen Momenten gelingt da durchaus etwas --- vor allem in den Bildern, in den Blicken, ohne Sprache.

 

Übrigens, die im Film zitierte wunderbar schmerzliche Idee von Satan nicht als machtgeiler Revoluzzer, der den Menschen nicht untertan sein will, sondern als Liebender, der seine Liebe zu Gott teilen soll, aber einfach nicht teilen kann und dafür die denkbar grausamste Strafe erhält --- vom Geliebten verstoßen wird --- das ist islamisch (Iblis) und hätte getaugt, die kulturelle Steinzeitschublade, in der der Islam augenblicklich in westlichen Augen sitzt, ein wenig zu hinterfragen. Ein halber Satz dazu im Film hätte schon gereicht, und irgendjemand, der das hier im Film zum ersten Mal hört, hätte vielleicht gedacht, was ich mir dachte, als ich das vor Jahren zum ersten Mal hörte: 'Mensch, was für ein schöner, fundamental ANDERER Gedanke! Und warum gibt's sowas im Christentum eigentlich nicht, bei all der Liebe, die hier gelehrt wird?' Aber die Information wurde im Film nicht gegeben. Schade.

 

Aber ein anderer Satz, der gesagt wurde: "Scham ist nur Angst vor dir selber." Darüber lohnt sich nachzudenken, und wer noch nie in die Richtung gedacht hat: allein für solche Sätze lohnt sich der Film.

 

meint

Delphyn

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Schattenwölfin

Autorin. Korrektorin. Förderer.

25.11.2011 um 07:12 Uhr

... für welche Zielgruppe ist dieser Film gemacht? ... Oder für die Mehrheit der Bevölkerung, die keine Ahnung hat und sich vielleicht über so einen Film ein Bild machen könnte, was da eigentlich (wirklich) passiert in dieser ominösen BDSM-szene, und bei Dominas, und in Swinger-clubs...? Das wäre eine Chance, die Menschen, die sich in diesen Szenen bewegen, ein bißchen aus der Schublade 'Das ist ja bloß perverses Gerammel' herauszuholen, in denen sie bei vielen 'normalen' Leuten sitzen. --- Und wieweit ist der Film dann gelungen?

 

Also, wenn das das Anliegen des Films gewesen sein sollte, dürfte es gründlich in die Hose gegangen sein. Wenn ich mich in die Lage eines durchschnittlich-intelligenten Menschen mit entsprechender Toleranz versetze, der selbst keine BDSM-Neigungen hat, dann würde ich als solcher nach dem Film sagen: „Die haben doch echt nicht alle Tassen im Schrank!“

 

Nicht nur vor diesem Hintergrund ist mir die Jesusgeschichte schwer aufgestoßen. Wer sich für Jesus, Napoleon, seine eigene Mutter oder ne Mohrrübe hält, hat wirklich ein psychisches Problem – und ich sehe BDSM nur sehr, sehr ungerne als Therapie für welche Krankheit auch immer. Sex (egal welcher) kann einen therapeutischen Wohlfühlnutzen haben, aber wohl kaum Heilkräfte bei schweren Psychosen.

 

Die Dialoge fand ich in ihrer Schlechtigkeit beinahe einzigartig komisch. Jede gezeichnete oder computeranimierte Figur unterstreicht ihr Reden mit mehr Mimik.

 

Was Du, Delphyn, an Sichtweisen einbringst (Satan, Islam) klingt interessant. Detailliert nachgehen kann und will ich diesen Gedankengängen nicht, bezweifle aber aus dem Bauch heraus, dass das bei den Machern des Films eine Rolle gespielt hat.

 

Was die Untermalung mit der klassischen Musik betrifft, stimme ich Dir uneingeschränkt zu, wenn mir Fremdschämen nicht fremd wäre, müsste ich darüber nachdenken, mich bei den Komponisten für den Missbrauch ihrer Werke zu entschuldigen.

 

Mir würde sicher noch mehr einfallen, aber das ist mir dieser Film nicht wert. Der ganze Film hätte nach meiner ganz persönlichen Meinung gerne den Weg des Rotweineinlaufs nehmen dürfen.

.

Morgengruß von der Schattenwölfin,

die mal schnell "Belle de jour" aus dem DVD-Regal holt für heute Abend

.

 

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Delphyn

Profil unsichtbar.

07.12.2011 um 22:01 Uhr

@Schattenwölfin

 

Wer sich für Jesus, Napoleon, seine eigene Mutter oder ne Mohrrübe hält, hat wirklich ein psychisches Problem – und ich sehe BDSM nur sehr, sehr ungerne als Therapie für welche Krankheit auch immer. Sex (egal welcher) kann einen therapeutischen Wohlfühlnutzen haben, aber wohl kaum Heilkräfte bei schweren Psychosen.

 

Och, wenn’s funktioniert? --- Die Frage ist natürlich, ob’s so funktionieren kann, wie es im Film gezeigt wurde. Deswegen hab ich ja auch geschrieben, daß es für die meisten Doms vielleicht nicht wirklich eine gute Idee wäre, sowas zu probieren. Spätestens dann, wenn der vertrauensvoll sich Unterwerfende mit dem ‚Spielchen‘ doch nicht klarkommt, sitzt der normale Dom vermutlich da und weiß nicht mehr weiter.

 

Allerdings hast Du Recht: der Film könnte durch die Auswahl der Sessions den Eindruck erwecken, BDSM sei eine Art von Therapie. Und das wäre natürlich ein Irrtum. Wäre so, wie wenn man alle Autos für Bratpfannen hielte, bloß weil es möglich ist, im Hochsommer auf einer heißen Kühlerhaube Spiegeleier zu braten.

 

Was die Heilkräfte angeht, möchte ich Dir allerdings widersprechen. Sex kann nicht nur zum Wohlgefühl beitragen, sondern mächtige Energien aktivieren. Zum Beispiel im Tantra ist Sex eine Möglichkeit, spirituelle Erfahrungen zu erreichen. Zwar muß man bedenken, daß psychische Probleme bei meditativen Techniken hinderlich sein können, weil sie Erfahrungen blockieren können --- die Energie wird zur Aufrechterhaltung der Psychose verwendet anstatt für was anderes --- aber… ausgeschlossen ist das nicht, daß entsprechend angewendeter Sex auch heilen kann.

 

Die Dialoge fand ich in ihrer Schlechtigkeit beinahe einzigartig komisch. Jede gezeichnete oder computeranimierte Figur unterstreicht ihr Reden mit mehr Mimik.

 

Sei nicht so streng

Da, wo sie nix geredet haben, waren die Dialoge doch gut

 

meint

Delphyn

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