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Olla

Es ist nicht so, dass Olla Sex nicht mögen würde, nur muss es halt mit dem Richtigen sein, und den zu finden, ist schwierig, wenn man nicht an Liebe glaubt. Als Kris trotzdem nicht aufhört, sie toll zu finden, will sie ihn testen - auch, wie weit sie gehen kann.

Eine BDSM-Geschichte von Eisvogel.

Bild: Schattenzeilen, StableDiffusion

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Dieser Text erreichte den zweiten Platz im »Schreibwettbewerb: Versuchung«.

 

Seit knapp drei Wochen stand ich am Fließband und die Arbeit war so monoton, dass ich das Gefühl hatte, meine Arme würden auch dann mechanisch weiterwerkeln, wenn ich nicht mehr da wäre. Mein Lohn reichte für das Essenzielle - die Miete, Zigaretten, Rotwein und Ravioli. Ich fragte mich, ob so der Rest meines Lebens aussehen sollte. Wir arbeiteten in einer riesigen Halle zusammen und waren doch alle Einzelkämpfer, nur Carla kam mir nicht völlig stumpf vor, sie lächelte mich ab und zu an, was mir reichte, um sie zu mögen. In einer unserer hastigen Raucherpausen erzählte sie mir, schon seit zwei Jahren hier zu stehen, eine unvorstellbare Ewigkeit, aber sie hatte natürlich ihre Gründe, ein Kind, einen Ex, Schulden. Sie war klug, bloß auf die traurige Art; sie wusste, es half ihr nicht.

Dann ließ mich der Chef rufen, kein gutes Zeichen in der Probezeit, und sonst ja wohl auch nicht. Carla meinte: »Bleib cool. Vielleicht ist's ganz harmlos.« Sie schien aber nicht wirklich daran zu glauben.

Ich ging in sein Büro, es roch nach Ehrgeiz und lauwarmem Erfolg, er empfing mich lächelnd, als sei die Welt sein Pausenbrot; seine Krawatte ließ mich vor Ekel erschauern. Auf dem Schreibtisch stand das Bild seiner Familie im Goldrahmen, ziemlich verstaubt: eine fette Frau und drei noch fettere Kinder, alle schmierig lächelnd, wie Kröten nach einer Schokoinfusion. Er intensivierte sein Grinsen und referierte übers Geschäft; zwar verstand ich nichts, aber ich wusste, wohin er steuerte. »Wir müssen Kosten senken«, teilte er mir mit, als sei ich in der Position, ihm da einen guten Ratschlag zu geben. Stattdessen beschränkte ich mich aufs Nicken; ich bin verdammt gut im Nicken, wenn ich jemanden verachte. Er spielte weiter Honigkuchenpferd, drehte eine Pirouette um das Wort ›flexibel‹ und würzte seinen Vortrag mit der ›individuellen Möglichkeit, sich einzubringen‹. Uns war beiden klar, was er erwartete, seine gewölbte Hose verriet mehr als tausend Worte. Dabei blieb er widerlich höflich, denn die Entscheidung über meine Zukunft lag als freier Mensch natürlich in meinen Händen. Ihm war offenbar nicht bewusst, dass ich nie gelernt hatte, über Konsequenzen nachzudenken. Deshalb blickte er auch immer noch wie ein Kind, das denkt, gleich geht’s ins Schlaraffenland, als ich die dampfende Kaffeetasse von seinem Schreibtisch nahm, bis ich sie auf seinen sich aufragenden Stolz goss, ich hoffe mal, mit Anmut, obwohl’s natürlich schwer ist, sich selbst einzuschätzen. Er kreischte. Ich ging davon aus, damit war meine Probezeit beendet.

Zurück in der Halle verabschiedete ich mich von Carla. In ihren geschmerzten Augen sah ich, sie war auch in ihrer Probezeit zum Chef gerufen worden, aber sie war geblieben. Natürlich sprach ich das nicht an; ich wollte sie nicht dazu zwingen, etwas zu gestehen, womit sie sich arrangiert hatte.

Gespannt darauf, wie es weitergeht?

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Queeny

Förderer.

13.08.2025 um 11:31 Uhr

Lieber Eisvogel!

Gratulation zum 2. Platz! 🥈

Deine Geschichte hat mir sehr gut gefallen, ich mag deinen Schreibstil, deine Wortgewandtheit, deine Ausdrucksweise. 

Ich konnte zwischen den Zeilen, deine Botschaft lesen, die so feinfühlig und doch so Grausam ist, wie es das Leben nur sein kann. Deine Geschichte war spannend bis zum Schluss, man hofft und wünscht sich für beide Protagonisten, dass sie sich, 

und einen gemeinsamen Weg finden. Ich bin mir sicher, dass es sehr, sehr viele Menschen gibt, die eine solche Erfahrung der einseitigen Liebe machen mussten.

Dankeschön für diese tolle Geschichte!

Liebe Grüße Queeny

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poet

Autor.

06.08.2025 um 21:54 Uhr

Auch beim zweiten Lesen: Begeisterung! Aus dem Rahmen fallend.

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Tek Wolf

Autor. Förderer.

31.07.2025 um 11:52 Uhr

geändert am 31.07.2025 um 11:54 Uhr

Lieber Eisvogel,

leider komme ich erst jetzt dazu die Geschichte zu lesen. So tiefe Figuren habe ich selten erlebt. Es war eine Freude das zu lesen und es wird mich wohl noch länger beschäftigen. Gratulation zum verdienten, zweiten Platz.

 

Güße

Tek

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Yuria

Autorin.

29.07.2025 um 10:06 Uhr

Lieber Eisvogel,

eine Flut von Gedanken und Eindrücken in meinem Kopf und doch schaffe ich es gerade gar nicht, diese in lesbare Worte zu transformieren.

 

Wow, was für eine wundervoll geschriebene Geschichte!? Ich nenne sie jetzt einfach trotzdem mal so, auch wenn ich gelesen habe, dass hier auch Autobiografisches mit eingeflossen ist.

 

Die Faszination für Olla kann ich sehr gut verstehen, denn ich habe eine Freundin, die teilweise ganz ähnlich tickt. Solche Leute haben häufig etwas gemeinsam: man muss viel Geduld und Nerven investieren, lernen sie zu lesen, man muss zurückstecken, nichts als selbstverständlich nehmen. Aber die Hartnäckigkeit lohnt sich. Denn oft sind es wirklich ganz besondere Menschen, die einem im richtigen Moment unendlich viel zurückgeben können. Manchmal brauchen sie vielleicht sogar eine Art Anker, um nicht komplett ziellos über den Ozean zu schippern…?

 

Dein Text ist ein für meine Begriffe sehr intimer Einblick in die Geschichte zweier Menschen, die auf ihre ganz eigene Weise (und zumindest zeitweise) zueinander gefunden haben. Sie liest sich für mich ein bisschen wie eine Hommage an eine sehr besondere Person; häufig schwierig im Umgang, ein unruhiger Geist, scheinbar ohne Halt und erkennbares Ziel, jemand, der es irgendwie nie richtig zustande bringt, in seinem Leben Konstanten zu schaffen. Und doch hat sie das Glück, auf jemanden zu treffen, der ihr mit offenen Händen und bedingungsloser Liebe gegenübersteht. So ungewohnt für sie, dass sie zunächst nichts so richtig damit anzufangen weiß. Quasi eine Versuchung, auf die Olla erst mal gar keinen Bock hat, bis sie sich schließlich eingestehen muss, dass Kris eine sehr wohltuende und vielleicht auch erdende Wirkung auf sie hat, der sie sich irgendwann doch nicht mehr entziehen möchte.

 

Diese sprachlichen Spitzfindigkeiten machen „Olla“ einfach zu etwas Herausragendem. Vielen Dank dafür und Gratulation zur super Platzierung!

 

Grüßchen

Yuria

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Ruby

Förderer.

27.07.2025 um 17:58 Uhr

Hallo Eisvogel

 

Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Platz.

 

Was für eine tolle Geschichte mit viel Humor und Witz. Ich musste oft über Ollas Sprüche lachen. 

Den Teil mit dem Maibaum fand ich toll. Oder auch seine 10 Komplimente waren sehr schön.

 

Nicht immer ist das beste das was auf den ersten Blick gut aussieht. Aber wenn es sich gut anfühlt ist es richtig und schön. 

Gut das Olla sich das zum Schluss eingesteht und ich hoffe sie gehen ihren eigenen Weg der Liebe.

 

Danke das ich diese Geschichte lesen durfte.

 

Liebe Grüße Ruby

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Meister Y

Autor. Förderer.

27.07.2025 um 15:51 Uhr

Hallo Eisvogel, ich verneige mich und gratuliere zu Platz 2!

 

Was für eine gelungene, einzigartige Geschichte. Zumal ich jetzt weiß, dass sie (in Teilen) autobiografische Züge trägt. Ich muss gestehen, dass ich die Story gleich zwei mal hintereinander gelesen habe, sprachlich klasse, voller Witz, voller Tiefgang und einer ganz eigenen Innigkeit, die man wirklich spüren konnte.

Ich hoffe, mehr von Dir zu lesen zu bekommen!

 

Vielen Dank für beste Unterhaltung!

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25.07.2025 um 20:45 Uhr

Hallo Eisvogel!

 

Olla hat mich gefesselt und auch nachdenklich gemacht, diese spezielle Beziehung zwischen den Protagonisten!

Sie ist gut beschrieben und regt zum Grübeln an. 

Vielen Dank für diese tolle Story!

Liebe Grüße

Sam

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25.07.2025 um 14:27 Uhr

Vielen Dank für diese schmerzhaft schöne Geschichte.

(entschuldige bitte, dass ich mit dem feedback noch ein wenig zurückhaltend bin, ich bin erst seit kurzem hier unterwegs...)

 

Die Geschichte ist berührend, sie ist gut geschrieben, und erregt sofort Mitleid für Olla. Sähe sie doch nur, welchen Schatz sie dort gefunden hat...

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Eisvogel

Autor. Förderer.

23.07.2025 um 11:11 Uhr

Lieber sklave thorsten,

 

vielen Dank für Deine freundlichen Worte. Die Geschichte ist zwar, wie ich gesagt habe, in den Grundzügen ziemlich wahr, allerdings fehlt mir in der Realität dann eben doch der Mut, das zu tun, wovon ich träume - dem stehen meine Erziehung, die Angst, sich zu blamieren und auch ein wenig meine Selbstachtung entgegen, weshalb ich mich im tatsächlichen Leben auf das konventionelle Ausleben einer Beziehung beschränke; das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Von daher verdiene ich Dein Lob meines Mutes nicht. Meine Beziehung zu Olla war allerdings insofern anders als all meine früheren Freundschaften, weil Olla die bislang Einzige ist, der ich wenigstens meine Wünsche mal gestanden habe. 

 

Liebe Diedie Nerin,

 

Dein Urteil macht mich sehr glücklich, vielen Dank! (-:

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Diedie Nerin

Autorin.

22.07.2025 um 10:39 Uhr

wow. einfach nur großartig und berührend!

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