Der zweite Zeuge
Eine Satire von poet.
Auf dem Schreibtisch in einem Klarsichtständer Visitenkarten:
„Privatdetektei Lauer & Sohn.“ stand da in goldenen Lettern und „Franz und Thomas Lauer garantieren Ergebnis und Diskretion dank jahrelanger Erfahrung.“
Die Privatdetektei Lauer & Sohn hatte in gewissen Kreisen einen guten Ruf. Zwar billig war sie nicht und verlangte hundert Euro, noch bevor sie einen Auftrag überhaupt annahm, aber sie galt als besonders diskret und zuverlässig. Und sie pflegte ihre Kunden nicht nach dem Hintergrund des Auftrags zu fragen, was diese oft als besonders angenehm ansahen. Daher fanden sich in der Kartei ihrer Klientel nicht nur die üblichen betrogenen Ehefrauen oder Ehemänner, sondern auch zwielichtige Gestalten aus dem Rotlichtmilieu, etwa Zuhälter, die wissen wollten, ob ihre Pferdchen vielleicht auch in anderen Ställen Geld verdienten. Oder kuriose Fälle wie der Typ, der heute Herrn Lauer gegenübersaß und nervös auf seinem Stuhl hin- und her rutschte.
Der Detektiv klemmte seinen Kugelschreiber hinter das rechte Ohr. „Herr Stangerl, ich fasse zusammen: Also, Sie haben letzten Sonntag ein Date mit einer Dame gehabt, die Sie in der Blue Moon Bar kennengelernt hatten. Und ...“
„Na ja, was heißt Date. Sie hatte mich auf den Waldparkplatz an der Straße Am Rehsprung bestellt und mir ein Abenteuer im Wald versprochen.“
„Abenteuer? Wie hätte das aussehen sollen?“
„Ist das wichtig? Ich meine ...“
„Herr Stangerl, als Ihr Detektiv müssen Sie mir volles Vertrauen schenken, sonst klappt das nicht. Alle Details sind von Belang!“
„Na gut. Also ich hatte Ihnen ja schon gesagt, dass die besagte Dame, nun, also sie war, sie war also ...“
„Eine Domina, ja, das sagten Sie bereits. Welcher Art aber war das Abenteuer gedacht, das Sie Ihnen in Aussicht gestellt hatte?“
„Na ja, also eben einschlägig, gewissermaßen, wie soll ich sagen ...“
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