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VerschmerzBar. Es sind Geschichten, nicht mehr.

Ein Blogbeitrag von Schattenwölfin.

Vorlesen

In der VerschmerzBar treffen verschiedene Gedanken rund um das Thema BDSM aufeinander, die ich in loser Reihenfolge, aber hoffentlich immer ordentlich sortiert, unter dieser Rubrik zur Diskussion stelle.

 

Vor geraumer Zeit unterhielt ich mich im Chat mit einem damals neuen Mitglied auf den Schattenzeilen, einer Frau, so um die vierzig Jahre alt.

Dass Menschen, die erst kürzlich ihre BDSM-Neigung entdeckt haben, oft noch verunsichert sind, ist an und für sich nichts Neues. Meistens dreht sich die Verunsicherung um Fragen wie: „Ist das, was ich fühle, wirklich BDSM?“, oder: „Bin ich nicht doch vielleicht krank, weil ich so fühle?“

Wenn die erste Frage geklärt ist und die zweite Frage verneint, geht es häufig darum, wo und wie man am besten den passenden Partner findet.

So weit so gut, aber das alles beschäftigte meine Gesprächspartnerin nicht. Die Frau, mit der ich mich unterhalten habe, war aus einem ganz anderen Grund verunsichert -

 

wegen der Geschichten hier.

 

Da war ich einigermaßen überrascht und hakte nach. Sie erklärte es mir, und ich konnte und kann die Verunsicherung verstehen.

Wie oft dommen sich perfekte Frauen und Männer durch die Handlungen? Wie viele Frauen und Männer werden als perfekte Subs geschildert?

Wie auch anders? Die Doms legen den Maßstab kraft ihrer Rolle selbst an. Natürlich nur in den Geschichten. Die Subs müssen den Ansprüchen der Doms genügen. Wo sie dies nicht von Anfang an tun und nicht wenigstens bis auf das letzte Härchen glatt rasiert sind, wird der Forderung nach Perfektion im Verlauf der weiteren Handlung Nachdruck verliehen. Natürlich nur in den Geschichten.

 

Eine Frau, die sich nun fragt, ob sie je dem Bild einer solchen Sub und damit einem perfekten Dom gerecht wird, kann verzweifeln, wenn bei ihr alle Enthaarungsmethoden im Intimbereich zu eitrigen Pusteln führen.

Hat jemand von Euch schon einmal von eitrigen Pusteln in einer Geschichte gelesen? Ich nicht. Hat einer der Autoren unter uns schon einmal eitrige Pusteln beschreiben wollen? Ich nicht.

Was machen Männer, die beim Lesen einer Auspeitschungsszene eine schmerzhafte Dauererektion bekommen, deren bestes Stück aber eher einem Häufchen Elend gleicht, wenn sie den Rohrstock in der Hand halten und den Popo ihrer Liebsten mit richtigen Hieben verwöhnen möchten? Vielleicht weil der Kopf dem besten Stück in die Quere kommt und raunt: „Darf das sein?“

Ob diese Männer darauf vertrauen, dass Sub sich umdreht und sagt, das könne doch dem besten Dom passieren?

Was ist mit den Frauen, die sich auf ihr erstes BDSM-Spiel einlassen, und denen beim Biss in die Brustwarze nicht sofort schwallartig ihre Nässe die Schenkel hinabläuft? Vielleicht, weil auch hier ein Kopf erst einmal sortiert, was da gerade abgeht und ob das sein darf.

 

In den Geschichten kommen unrasierte Frauen, Schlappschwänze und Vaginalsalben nicht vor.

Sind Frauen mit Scheidentrockenheit und voller Schambehaarung oder Männer mit (temporären) Erektionsproblemen überhaupt richtig auf den Schattenzeilen?

 

Ich meine, sie sind es. Was wir hier lesen sind nämlich Geschichten, nicht mehr.

Aber auch nicht weniger.

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Kommentare von Leserinnen und Lesern

Drachenlady

Autorin. Förderer.

03.12.2020 um 00:59 Uhr

Sehr klar und eindeutig auf den Punkt gebracht.

Es sind nur Stories, Fiktion, niedergeschriebene Phantasien. Mal völlig surreal, mal realitätsnah, mal irgendwas dazwischen. Es sind nur Geschichten aus der Vorstellungswelt des jeweiligen Autors (resp. Autorin), und keine Reportagen aus der realen Welt. Ich persönlich kann auch mit Kritiken, die eine Geschichte als unrealisitisch abkanzeln, nicht wirklich etwas anfangen. Denn das ist ein Punkt, der meiner Meinung nach am wenigsten zur Beurteilung einer guten Geschichte taugt. Vor allem aber steht die Gedankenwelt einer einzelnen Person niemals exemplarisch für "die Submissiven" oder "die Sadisten" oder welche Vorliebe auch immer. Es wäre nicht nur falsch, sondern geradezu irreführend, von den Phantasien eines/r Schreibenden auf die Gefühlslagen und Wünsche aller anderer Menschen zu schließen, die vielleicht ähnlich gelagerte Neigungen haben. Wir haben schon genug mit Klischees nach dem Motto "alle Frauen tun dies, alle Männer mögen das" und dergl. mehr zu tun. Da sollten wir nicht noch mehr von der Sorte erfinden, wie "alle weiblichen richtigen Subs wollen das doch oder alle männlichen Masochisten lieben es, so behandelt zu werden oder oder oder". Und mir ist eine schöne, ja vielleicht auch nachvollziehbare Phantasie allemal lieber als eine noch so korrekte, weil realistische Handlungsbeschreibung.

09.12.2016 um 02:15 Uhr

Es sind <Geschichten, nicht mehr und nicht weniger.

 

Der springende Punkt? Nun, vielleicht nicht nur. Aber hin und wieder piekt einem doch mal etwas Realismus ins Auge und dort wo eben jener nicht die Fantasie einschränkt, das hübsche Bild verunstaltet, nehmen wir sie zuweilen sehr gern an, aber du hast Recht, wenn du schreibst, das wir nicht zwingend über Pusteln und schlappe Schwänze etwas lesen wollen. Eben weil es Geschichten sind und keine realistischen Beschreibungen von dem was uns im täglichen Leben widerfährt und wie in jeder Geschichte, in jeder Guten!...sollte wohl auch in diesen ein Körnchen Wahrheit stecken und eben vielleicht, um der wundervollen Fantasie Willen , nur ein Körnchen und kein ganzer Sack!

Rasputinka

Profil unsichtbar.

29.11.2013 um 19:03 Uhr

Geschichten sind oft Träume, Wunscherfüllung, konstruierte Realität. Manchmal sogar ein kleines Stückchen Zauberei. Aber nicht alle. Ich lese eigentlich ganz gern auch von "mißlungenen" Dingen. Von unperfekten Menschen. Oder von Schmerz und Enttäuschung. All das gehört genauso dazu wie das Schöne. Und wenn ich selbst darüber schreibe, mag ich "zu glatte" Geschichten eigentlich gar nicht; mir hilft es manchmal, meinen Schmerz hinauszuschreiben...

29.11.2013 um 18:14 Uhr

Da es für mich, einen des Wortes nicht so mächtigen, in wohl temperiter Weise, meine Gedanken und meine Meinung nieder bringt.

Danke dafür.

Gelöscht.

06.11.2013 um 14:12 Uhr

Lesen ist für mich wie ein kleiner Urlaub vom Alltag, da stimme ich mit vielen meiner Vorredner überein, aber ich möchte mich auch der Meinung von "Hexlein" anschließen. Ich finde es immer wieder erfrischend, dass möglichst viele Genre auf den Schattenzeilen für den geneigten Leser zu finden sind. Die Vielfältigkeit macht die Schattenzeilen doch erst interessant und ich hab bis jetzt für jede Stimmung, das passende Lesematerial gefunden. Ob's nun in Detail von "eitrigen Pusteln" gehen muss, kann und darf jeder selbst entscheiden, wichtig ist doch in jedem Fall, dass sich die Reise zu den Schattenzeilen, und sei es nur für die halbe Stunde Mittagspause gelohnt hat. In diesem Sinne, liebe Autorinnen und Autoren, lasst weiterhin eure Stifte auf dem virtuellen Papier tanzen, auf dass der Fluss der Geschichten nie versiegt und jeder das findet, was er sucht...

Gelöscht.

01.10.2013 um 15:51 Uhr

Ich finde es wichtig zu wissen und beim lesen daran zu denken,das,das geschriebene eben nur Geschichten/ Romane sind. Das Leben sieht immer anders aus.

Gryphon

Autor.

16.09.2013 um 23:32 Uhr

Hallo Wölfin,

 

vielen Dank für diesen wichtigen Blogbeitrag.

 

"Ich meine, sie sind es. Was wir hier lesen sind nämlich Geschichten, nicht mehr."

 

Ich persönlich finde es - da bin ich mit hexlein auf einer Linie - gut, wenn Geschichten eine gewisse Realitätsnähe haben. Vielleicht habe ich von der anderen Sorte in den letzten zwanzig Jahren zu viele gelesen, sodass mich zuckersüße und rosarote Schilderungen einfach nicht mehr interessieren. Häufig bleiben diese Texte dann auch ziemlich an der Oberfläche. Allerdings bin ich mit dieser Meinung nicht unbedingt mehrheitsfähig.

 

Liebe Grüße von Gryphon

 

P.S.: Von Pusteln habe ich allerdings auch noch nichts geschrieben, werde ich wohl auch nicht, es sei denn, ich würde irgendwann noch eine Satire schreiben.

Rote Sonne

Profil unsichtbar.

07.09.2013 um 17:37 Uhr

Danke für Deine ehrliche Schilderung

und Du hast vollkommen Recht.

Ich muss gestehen,

immer wenn ich mal etwas Neues ausprobiere,

egal aus welchen Bereich,

macht man sich manchmal wirklich die bescheuertsten Gedanken

und in einigen Fällen benimmt man sich auch wieder wie 16.

Gelöscht.

23.08.2013 um 21:50 Uhr

Hallo Wölfin,

 

ich finde den Beitrag sehr gelungen und die Schwierigkeiten, die jede/r von uns zu Beginn oder während seiner Entwicklung durchlebt, treffend eingefangen.

 

Sehnsüchte und Fantasien sind zuerst einmal im Kopf, da fühlt sich vieles aufregend und erregend an. Bei der Durchführung kann der Kopf dann aber schnell zum Hindernis werden... Gedanken kreisen, der "rationale" oder "der Norm entsprechen wollende" Teil des Gehirnes bremst die Libido aus und es folgen die Zweifel. So mancher Versuch endet dann im Frust, weil entweder die Sub entnervt und bockig ist oder der Dom enttäuscht abbricht...

 

Dennoch ist es immer aufs Neue ein prickelndes Abenteuer, in dass ich mich immer wieder gerne begebe. Und dann, wenn ich es wieder einmal geschafft habe, den doofen Verstand mal wieder in seine Spielecke zu verjagen, dann kann ich mich in diese schöne und erfüllende Welt fallen lassen, voller Vertrauen in meinen Dom und einfach nur beben...

 

Die Geschichten hier sind einfach schön zu lesen, lassen uns vielleicht auch mal zu neuen Spielideen inspirieren und sind -zumindest für mich- auch immer ein Stück weit ein Urlaub vom Alltag.

Gelöscht.

14.08.2013 um 09:50 Uhr

Es sind Geschichten, keine Tatsachenberichte oder Handlungsanweisungen.

 

Genau so, wie (meistens) in der Malerei und Bildhauerei wird ein Ideal dargestellt. Aber im Gegensatz zu dem Detektiv in New York, dem Reiter von Rohan, dem Kapitän des Traumschiffs, etc., deren Welt keine Schnittmenge mit unserem Alltag hat, berühren die BDSM-Geschichten einen intimen Teil unseres Lebens. Deswegen identifizieren wir uns hier mehr mit den Protagonisten, als bei einer der oben genannten Geschichten, bei denen wir wissen, dass das Fiktion ist. Und wenn wir dann merken, dass wir nicht so perfekt sind, wie in der Geschichte dargestellt, dass es bei uns Zweifel und Abstürze gibt, ist es besonders für "Einsteiger" die nach Orientierung suchen schwer, wieder die nötige Distanz aufzubauen.

Ganz früher, im usenet, hatten solche Geschichten oft einen Disclaimer, in dem stand, dass es sich dabei um reine Fiktion handele und dass das Nachvollziehen der beschriebenen Handlungen auf eigene Gefahr erfolge.

 

Keiner von uns ist perfekt. Aber gerade deshalb ist es für mich einfach schön, durch eine Geschichte in eine idealisierte Welt einzutauchen.

 

Es sind halt nur Geschichten - eben! Der Alltag findet immer statt!

Berücksichtigt wurden nur die letzten Kommentare.

Zu allen Beiträgen im Forum zu dieser Veröffentlichung.

 

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