Eine Flag-Session genießen? Mit dem bösen Dom spontan kommunizieren? Nicht mehr über Grundsatzfragen zur Situation grübeln, sondern im sinnlichen Erleben versinken? Das geht!
Als ich vor vielen Jahren meine erste, mit viel Voraus-Fantasie und wilden Vorstellungen erwartete Flag-Session erlebte, war es mit der »Lust am Schmerz« noch nicht weit her. Kopfkino und Wirklichkeit klafften spürbar auseinander. Während des Erlebens kreisten meine Gedanken fast ausschließlich um »psychische Aspekte«, nämlich die Verrücktheit, mir »so etwas« antun zu lassen in einer Situation inszenierter Machtlosigkeit. Ich erlebte meinen beinharten Stolz, der mir aufgab, in keiner Weise Schwäche zu zeigen, und das für mich spektakuläre Zerbröseln dieser Haltung in körperlicher Erschöpfung.
Verwirrungen im Kopf: das BDSM-Paradox
Ganz versunken in mich selbst war ich zur Kommunikation mit dem Top weder willens noch in der Lage. An ein aktives »Mitspielen« der Szene war nicht zu denken, denn ich wollte ja alles möglichst »echt und real«. Die eingenommene Rolle der »bestraften Sub« tatsächlich auszufüllen und mich entsprechend zu verhalten, brachte ich nicht fertig (war doch klar, dass er mich nicht wirklich »bestrafen« wollte!), obwohl ich den vermeintlichen Zwang genau dieses Rahmens benötigte, um ins »Sub-Gefühl« zu kommen. Einfach das ›rauszulassen‹, was in mir abging, ging aber auch nicht, denn das hätte ja den Rahmen des Szenarios, nach dem ich mich so gesehnt hatte, gesprengt und meinen Partner in seinen Aktivitäten gebremst – zumindest fürchtete ich das, denn wir hatten beide nicht viel praktische Erfahrung. Und dann war da noch mein Stolz …
Diese Session hat mir sehr viel gebracht, doch eines konnte ich damals nicht ansatzweise spüren: die Lust am Schmerz. Dementsprechend schätzte ich mich selbst in der Folge als »submissiv, aber kaum masochistisch« ein, denn meine Fantasien kreisten nach wie vor um Machtlosigkeit und Ausgeliefertheit. Ich wollte überwältigt und unterworfen werden, während mein Verstand sich im BDSM-Paradox verhedderte: wollen, was ich eigentlich nicht will, Szenarios kreieren, die »ganz echt und ernst gemeint« wirken sollten, während sie doch dem wachen Geist keinen Augenblick Stand hielten – was auch richtig war und immer richtig bleibt, denn wer will schon »im Ernst« so behandelt werden? (Das wäre ja dann nichts anderes als der Alltag einer »destruktiven Beziehung«, in der der Mann gewalttätig wird).
In unzähligen Sessions veränderte sich mein Erleben drastisch und meine Sicht der Dinge änderte sich mit. Später »genoss« ich eine Flag-Session (die hier mal beispielhaft für alle »Schmerz-Spiele« stehen soll) von Anfang bis Ende und hatte kein Problem mehr damit, mit dem »bösen Dom« spontan zu kommunizieren. Auch grübelte ich nicht mehr über Grundsatzfragen zur Situation, sondern versank im sinnlichen Erleben und in den Emotionen, die dieses Erleben und das Verhalten meines Gegenübers auslösten.
Für die literarische Darstellung ist eine solche Session nicht ergiebig, denn es gibt keine inneren Konflikte mehr, die einen solchen Text über die Ebene der »Wichsfantasie« hinausheben könnten. Ich belasse es also beim sachlichen Essay-Stil, um die Varianten des Genießens darzustellen, die mir mittlerweile vertraut sind.
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