Bei Bewegung denke ich zuallererst an Sport und der ist eindeutig positiv besetzt. Körperliche Bewegung macht mich beweglich, fröhlich und wach und all das sowohl körperlich wie geistig. Kinder, die nicht toben dürfen, können nicht rechnen lernen und Hamster ohne Laufrad würden vermutlich eingehen.
Ich lasse mal dahingestellt, ob Menschen Raubtiere oder Fluchttiere sind, auf jeden Fall bin ich wie sicher jeder Mensch in der Lage, noch die kleinste Bewegung im Gebüsch sogar aus dem Augenwinkel sofort zu erkennen, während ich mein unbewegliches Schlüsselbund im Schuhregal nervtötend lange übersehen kann.
Bewegung deutet auf Leben, auf etwas Lebendiges hin, Unbeweglichkeit ist damit verglichen schon auf der spontanen Ebene uninteressant. Meerschweinchen und ähnlich wehrlose Tiere nutzen dies Phänomen und bleiben, wenn sie Gefahr vermuten, wie angewurzelt und vor Schreck erstarrt stehen. Das sichert unter Umständen ihr Überleben.
Diese Reaktion kenne ich von mir, wenn auch nicht ganz so offensichtlich wie bei einem Kaninchen, das vor der Schlange sitzt. Die Bewegungslosigkeit kann helfen oder nicht, erlöst wird man nur von der Schlange: Entweder sie übersieht die Beute und zieht weiter - oder sie sieht sie dennoch. Eine hilflose und furchtbare Bewegungslosigkeit, die mir nicht gefällt.
In manchen zwischenmenschlichen Beziehungen herrscht Bewegungslosigkeit, manche Konflikte spannen die Nerven zum Zerreißen und auch dabei hilft Bewegung, wieder Entspannung und Entwicklung möglich zu machen, selbst kleine, scheinbar nichtssagende Schritte können eine Machtprobe oder eine Verhärtung lockern und einen Weg öffnen.
Geistige Bewegung ähnelt der körperlichen, man kann sie trainieren und hat Spass daran und am Ergebnis, bleibt wach und fröhlich. In Extremfällen aber ist Bewegungslosigkeit, ein inneres Erstarren und Abwarten trotzdem überlebensnotwendig. Es darf nur nicht zu lange dauern. Auch erschrockene Meerschweinchen müssen irgendwann etwas trinken und zurück zu Artgenossen.
Neugierig bin ich auf die Bewegung, die ein Erdbeben verursacht. Natürlich will ich kein schweres Erdbeben erleben, aber die Irritation und Relativierung von festem Boden unter den Füßen, die ein ganz kleines Beben angeblich schon auslöst, möchte ich gern einmal erleben. Ich möchte meine Kleinheit und Grenzen in dieser wilden Welt gern fühlen. Natürlich nur im Freien und nur ein kleines Erdbeben - weil große Bewegung mir sicher zu große Angst machen würde. Dass Menschen an dieser Stelle keine Wahl haben, ängstigt mich.
Obwohl ich immer mal zu bequem bin, um mich ausreichend körperlich zu bewegen und obwohl ich Forderungen an innere Bewegung manchmal zunächst mit Abwarten versuche abzuwehren und manche Bewegungen sehr furchteinflößend sind:
Ich bewege mich gern und lasse mich bewegen, ich bin gern von Herzen bewegt und mag Bewegung.
Neues Wort: Gefahr
11.09.2014 um 12:33 Uhr
Harmonie
Man sollte sie mögen und schätzen, die Harmonie, nehme ich an. Natürlich fühlt es sich gut an, wenn das menschliche Miteinander harmonisch ist. Es fühlt sich gut an, im Sattel zu sitzen im Einklang mit den kraftvollen Bewegungen des Pferdes. Es ist ein besonderes Geschmackserlebnis, wenn Fleisch und Beilagen aufeinander abgestimmt sind und ein passender Wein das Ganze abrundet. Über jede dieser Harmonien ließe sich eine Menge schreiben. Ich nehme mal die erstgenannte, weil die auch für Nicht-Pferde-Menschen und Fast-Food-Junkies ein Thema sein dürfte, und betrachte sie genauer.
Die Harmonie im menschlichen Miteinander. Bei Harmonie zwischen Menschen denke ich spontan an Stillstand, bringe sich nicht zusammen mit einem sich bewegenden Bild (wie bei Pferd und Reiter). Damit streite ich nicht ab, dass das Erreichen einer solchen Harmonie ein steiniger und kurvenreicher Weg sein kann, an dessen Ende ein solches Innehalten und Durchschnaufen als wohlverdiente Belohnung wartet. Ich denke aber, dass es weitergehen muss. Neue Reize auf die Beteiligten einwirken, auf die diese durchaus unterschiedlich reagieren können, sodass die Harmonie ins Wanken gerät. Alle sich wieder neu positionieren müssen, um diese Unterschiede auszubalancieren und die Harmonie wieder herzustellen. Und das gefällt mir besser.
Viel besser vor allem als die teuer erkaufte Harmonie um jeden Preis, bei der die Harmonie nur deswegen herrscht, weil jemand sich über Gebühr zurücknimmt. Das würde ich eher als einen Kompromiss bezeichnen, den man um der Harmonie willen eingeht. Das wiederum könnte zu inneren Disharmonien führen …
Mag ich sie nun, die Harmonie, oder mag ich sie nicht?
Ich mag sie. Die Harmonie zwischen Tier und Mensch, Mensch und Mensch, sogar die innere Harmonie, die ich hin und wieder verspüre, wenn ich ganz mit mir im Glück bin. Auf Dauer wäre mir die zwischenmenschliche Harmonie mir wohl zu langweilig, es bliebe die Angst, mich irgendwann nicht mehr zu spüren, vor lauter Harmonie.
Es gibt etwas, das ich noch mehr mag, als die Harmonie. Die Bewegung.
Sie ist auch gleich das neue Wort!
Bewegung
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