Subkulturen werden ans Licht gezerrt, verhökert, trivialisiert und zum Modeartikel. Fetisch auf dem Catwalk der Modedesigner? Das mag auf den ersten Blick wie Normalisierung ausschauen. Ein Danaer-Geschenk ist das, ein Sargnagel. Im Wort Normalisierung steckt auch die Normierung.
Ich finde mich in der öffentlichen Akzeptanz, die eine Ikea-Schublade zum Zusammenschrauben herstellt und alle Aussichten zustellt, nicht mehr wieder. Die Perspektiven, die BDSM ausmach(t)en, gehen verloren. Erschien mir Outing früher schon unnötig, ist das inzwischen völlig unmöglich, weil ich damit in einer vorsortierten Schublade öffentlicher Meinung lande.
BDSM ist keine Lebensweise oder Lifestyle, sondern eine Seinsweise, und keine frei wählbare. Jahrzehntelanges Ringen um eine gemeinsame Ausdrucksweise des Allerprivatesten sind für die Katz, weil nur sichtbare, plakative, augenfällige Zeichen übrig bleiben. Die vielfältigen, auch theoretischen, Bemühungen von Szenen (Schwule/Lesben, Leder, Fetisch, SM …) zusammenzufinden, eine interne Toleranz zu entwickeln, lösen sich in einer Spaßkultur auf, die mehr Mitleid als Freude erregt. Allein das Akronym BDSM ist Ergebnis solcher Auseinandersetzungen gewesen. Bei SoG z.B. gewinnen wieder die Trauma- und Retro-Klischees. Ein Schritt zurück ist das.
Ich meide inzwischen Artikel in der Boulevard-Presse über BDSM, worin „Erkennungszeichen“ und „Rituale“ und „SSC“ als Schnellbackmischung für die Sexkonditorei beschrieben werden. Raumfahrt für 12-jährige erklärt.
Zufall ist es nicht, dass sich Ehemalige in Szenen zunehmend in private Kreise zurückziehen, leider wieder zerstreuen, und das öffentliche Feld als verloren aufgeben. Kultur ist Ausdruck, eigener Ausdruck, und dieser gerät zum Konsum, was das glatte Gegenteil davon ist. Die öffentliche Meinung ist amorph, gesichtslos und vor allem unzuverlässig und ohne eigenen Antrieb, mehr Eindruck als Ausdruck. Was sie akzeptiert, ist schon verloren.
Sei´s drum. Jede Revolution frisst ihre Kinder. Der sexuelle Umbruch der 70´er Jahre, nach jahrzehntelanger politischer und soziologischer Vorarbeit musste auch Filme wie "Es jodelt in der Lederhose" aushalten.