Der Letzte
Düstere graue Wolken bedeckten den Himmel und sorgten für eine Stimmung, die der Jahreszeit angemessen war. Dichte Nebelfetzen wogten von den weitläufigen Feldern und sanften Hügeln herüber, um bis in die Straßen des Dorfes zu wallen. Wie ein geisterhafter Schleier hüllte er alles ein, bis schon nach wenigen Metern die Umrisse zu verschwimmen begannen. Auch die wuchtigen Stämme der Alleebäume schienen in dem diffusen Nebel zu verschwimmen, bis man kaum mehr den nächsten erkennen konnte.
Doch das störte den Mann nicht, der an einem von ihnen lehnte. Gehüllt in einen schwarzen Wollmantel, schützte ihn ein Hut aus gleichem Material vor dem leichten Nieselregen, der unaufhaltsam herabfiel. Aus dem Halbschatten der Krempe blickten seine Augen geradezu genussvoll in die geisterhaften Schleier, hinter der sich die Häuser verbargen.
"Bist du bald fertig?", die Stimme gehörte einer Frau, die nun aus dem Nebel heraustrat. "Langsam wird mir kalt."
Auch sie war in einen langen Mantel gehüllt, doch ihr Haupt war unbedeckt. Das lange, weiße Haar fiel in einem Pferdeschwanz über ihren Rücken hinab und sie hatte die Hände tief in den Manteltaschen vergraben. Goldene Augen blitzten beiderseits einer eleganten Nase und ihre Haut war so hell, dass sie gut zu der mystisch angehauchten Atmosphäre passte.
"Ich wollte ihn nur noch einmal genießen", erwiderte er mit einem leichten Lächeln, als er sich von dem Baum löste und einen Arm um ihre Schulter legte.
"Was denn genau?", wollte sie wissen, als sie sich bereitwillig an ihn lehnte.
Mit einem melancholischen Seufzer führte er sie zu dem wagen Umriss einer telefonzellenartigen Box, deren mattes Blau durch den Nebel schimmerte: "Den Letzten. Den letzten schönen Herbsttag auf der Erde."
17.11.2018 um 17:25 Uhr
Katika: Zunächst einmal willkommen im Blitzlichtgewitter
. Du beschreibst eine wirklich intensive Situation, spielst mit der Vorstellungskraft der Leserinnen und Leser und setzt den Herbst mit bunten Blättern, kühlem Wind und warmen Sonnenstrahlen geschickt in Szene. Licht, das auf besonderen Goldschmuck trifft, eine sehr schöne Vorstellung.
Danke für diese wunderbaren Gedanken, für eine besondere Momentaufnahme. Traue Dich, ich würde gern mehr davon lesen!
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