Zusammenfassung des offenen Chats
Nach einem kurzen Plausch, wen was zu seinen Geschichten inspiriert, haben wir festgestellt, dass die wohlbekannte Weisheit „Die Besten Geschichten erzählt das Leben“ nach wie vor Gültigkeit hat. Eigene Erfahrungen und Erlebnisse bilden häufig die Initialzündung oder aber sogar den Stoff für eine ganze Geschichte.
Umgekehrt sind es manchmal Träume und (erotische) Fantasien, die in die Texte einfließen.
Zu den realen Momenten, die zu einer Geschichte inspirieren können gehören Gesprächsfetzen, ein Bild, ein Musikstück, aber auch schonmal der kauzige Nachbar, der als Vorlage für eine Figur herhalten muss.
Manchmal wird ein wirklich erlebtes Ereignis in einer Geschichte so weiter erzählt, wie es sich tatsächlich abgespielt hat; manchmal ist es nur Moment in einer im Übrigen frei erfundenen Handlung.
Nach dieser Aufwärmphase wurden die Anwesenden zum Zu“lesen“ verdonnert und die Clustering-Methode vorgestellt.
Cluster kommt aus dem Englischen und bedeutet hier so viel wie Büschel, Anhäufung, Traube.
Es funktioniert denkbar einfach: Man braucht ein leeres Blatt Papier, das man vor sich hinlegt und einen Stift. Möglichst einen, mit dem man gerne schreibt.
In die Mitte des Blattes kommt der Schlüsselbegriff, von dem aus frei assoziiert wird. D.h. um ihn herum wird alles angehäuft, was einem dazu einfällt. Das können einzelne Worte sein, aber auch Sätze, Zitate, Gedanken oder Gefühle.
Dabei werden Ketten gebildet, die Assoziationen also nicht etwas kreis- oder eiförmig um den zentralen Begriff herum geschrieben. Wenn eine Kette fertig ist dann fängt man eine neue Kette an.
Das sieht dann etwa so aus: Cluster
Pausen sollten nicht entstehen, wichtig ist, dass man immer im Fluss bleibt und sei es, indem man leere Kreise malt, um sie später aufzufüllen.
Dabei ist jeder Eindruck wichtig und sollte auch aufgeschrieben werden, also KEINE Zensur der freien Assoziationen im Hinblick auf eine mögliche spätere Geschichte.
Aus dem Schlüsselbegriff „leeres Blatt“, sind in einem Selbstversuch folgende Assoziationsketten entstanden:
1. Kette: leeres Blatt
weiß
Hochzeitskleid
Feier
Familie
Freunde
2. Kette: leeres Blatt
leeres Glas
Durst
Biergarten
Baum
See
Wiese
Picknickdecke
Picknickkorb
3. Kette: leeres Blatt
Langeweile
Sofa
Lieblingsfilm
spielt in Paris
ich könnte mal wieder verreisen
Städtereise
kleines, intimes Hotel
4. Kette: leeres Blatt
Autorenchat vorbereiten
auf den letzten Drücker
wie immer mit wehenden Fahnen
mit Higheels der Straßenbahn hinterher
umgeknickt
Notaufnahme
Arzt
In einem nächsten Arbeitsschritt werden die gesammelten Worte und Beschreibungen in einem kurzen, zusammenhängenden Text untergebracht.
Bereits während ich die dritte Kette gebastelt habe, entstand eine Geschichte in meinem Kopf, ganz grob geht es darin um eine Hochzeit, eine Feier mit Freunden in einem Restaurant am See, wobei die Festtafel im Garten auf einer Wiese unter schönen Bäumen eingedeckt ist.
Die Hochzeitsreise führt nach Paris in ein kleines Hotel mit einem tollen Restaurant. Vom Zimmer hat man eine wundervolle Aussicht über die Dächer der Stadt. Bei einem Glas Champagner blicken Braut und Bräutigam zurück auf ihr Kennenlernen: Einerhat sich beim Joggen den Fuß verstaucht, der andere war der behandelnde Arzt.
Abschließend noch ein paar Gedanken und Anregungen zum „richtigen“ Schlüsselbegriff.
Natürlich kann man sich ein Wort überlegen. Das birgt allerdings das Risiko, von den Assoziationen schon etwas vorweg zu nehmen. Besser sind zufällig ausgewählte Worte. Oder man sucht das Schlüsselwort mittels eines Bildes oder einer Fotografie. Je abstrakter, desto besser, denn desto weniger vorweggenommene Geschichte steckt in einem Bild.
In der Fotocommunity kann man sich viele solche Bilder ansehen.
Das Clustering funktioniert meiner Meinung nach nur, wenn man unmittelbar nach Auffinden des Schlüsselwortes auch loslegt.
Habt Spaß beim Ausprobieren, wie mir der Abend mit den anwesenden Autoren und Schreibinteressierten Spaß gemacht hat.
Wölfin
PS:
Wer nun glaubt, dass die oben skizzierte Geschichte auf Rosamunde Pilcher hinausläuft ... Das kann, muss aber nicht so sein. Vielleicht sind ein großer Teil des Freundeskreises BDSM-ler und nehmen in Lack und Leder an der Feier teil. Vielleicht zieht die Trauzeugin mit einer Kette ihren Sklaven hinter sich her. Oder die Braut den Bräutigam so zum Altar?
Und wie reagiert die ahnungslose Familie darauf. Zunächst empört aber nach zunehmendem Alkoholkonsum entspannt?
Was Frau Pilcher wohl dazu sagen würde?