Vielen herzlichen Dank, ihr Lieben, für eure zahlreichen Antworten!
Ich habe mich in meinem Eröffnungsbeitrag bewusst mit persönlichen Erfahrungen und Einlassungen zurückgehalten, weil ich den Antworten nicht zu früh eine Richtung vorgeben wollte. Und tatsächlich waren eure Beiträge so vielfältig und individuell wie die Menschen, die diese Seite hier mit Leben füllen. Das ist schon einmal eine wichtige Erkenntnis: Pauschale Wahrheiten funktionieren nun mal nicht, wenn es um konkrete Personen geht. Und doch will ich einmal versuchen, eine Art Quintessenz des Gesagten herauszudestillieren. (Ich beziehe mich dabei auch auf die eine oder andere private Nachricht, die mich erreicht hat.)
So hat es für mich den Anschein, dass es für D/s hilfreich ist, wenn es irgendeine Form der Verankerung im Alltag gibt. Das kann ein ganz zarter Faden sein, der sich durch das Miteinander zieht, so etwas wie ein Schmuckstück als Symbol des Machtverhältnisses oder auch eine Form von 24/7 „light“. Jedenfalls lese ich, dass kleine, feine Signale, hin und wieder im Alltag eingestreut, den Schritt über die Schwelle im entscheidenden Moment erleichtern - irgendetwas, das beiden von Zeit zu Zeit die erotische Rollenverteilung in Erinnerung ruft und womöglich auch die beiderseitige Wertschätzung dieser Rollenverteilung zum Ausdruck bringt. Zumindest scheint es so, als funktioniere D/s als reine „Session“ nicht so gut - oder falls doch, braucht es klare Übergangsrituale, Gesten, Berührungen, Symbole und ggf. ausreichend Zeit und Geduld, die es dem devoten Part ermöglichen, in den Hingabemodus hinüberzuwechseln. Womöglich liegt das daran, dass D/s stärker mit der Beziehungsdynamik als solcher verwoben ist, stärker auf Bindung, Emotionen und – ja, auch das! – romantischen Sehnsüchten beruht als SM. Wie gesagt: Das sind im Augenblick alles nur Hypothesen. Ich versuche so etwas wie ein Muster zu erkennen.
Das, was ich mit „Augenhöhe“ meinte, war tatsächlich eine völlig gleichberechtigte Beziehung: zwei weitgehend unabhängige, selbstständige Menschen mit eigenen Bedürfnissen, Vorlieben und Interessen, die sich im Alltag miteinander abstimmen, Konflikte austragen und Kompromisse schließen. Ein Alltag ohne Machtgefälle also, in dem nicht einer von beiden – und sei es auch noch so subtil – grundsätzlich den Ton angibt. (Dass es immer Teilbereiche geben mag, in denen einer von beiden kompetenter ist und somit die Führung übernimmt, sei unbestritten, in diesem Fall würde die Führung aber wechseln und sich nicht an den erotischen Rollen orientieren.)
Ich muss gestehen, dass die Vorstellung, D/s-Erotik könne mit einer solchen Art von Beziehung womöglich nicht vereinbar sein, mir zutiefst widerstrebt, denn wenn ich ehrlich bin, möchte ich weder auf das eine, noch auf das andere verzichten. „Alles mit einem für immer geht halt nicht!“, höre ich den Therapeuten schon sagen. Tja ...
Ich bin Feministin. Ich möchte mit dem Mann an meiner Seite Auge in Auge debattieren können, möchte meinem ureigenen Rhythmus und meinen Bedürfnissen folgen und mir ein selbstständiges, unabhängiges Leben bewahren. Und dann, in ganz besonderen Momenten möchte ich all das hinter mir lassen, weich werden, meinen Nacken vor ihm beugen und ihm die Zügel übergeben. Ich muss aber gestehen, dass dieser Übergang mir in letzter Zeit weit weniger gut gelingt als in den Anfangsjahren unserer Beziehung. „Stolpern auf der Schwelle“ habe ich es mal genannt. Es wird vor allem da schwierig, wo es um unterschiedliche erotische Bedürfnisse geht. Die selbstbestimmte Seite in mir möchte auch für diese Bedürfnisse eintreten, womöglich sogar für sie streiten und nicht so schnell klein beigeben. Das aber gestaltet sich im Rahmen einer D/s-Erotik dann doch eher schwierig, wenn es nicht zum „Topping from the Bottom“ degenerieren soll. Insofern bin ich euch sehr dankbar für eure Erfahrungen.