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Forum - Veröffentlichungen auf den Schattenzeilen - Geschichten und Gedichte

»Mauersegler« von Nachtasou

Bezieht sich auf die BDSM-Geschichte »Mauersegler«.

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Schattenzeilen

Autorin. Teammitglied.

»Mauersegler«

von Nachtasou

 

Eine vielleicht nicht ganz zufällige Begegnung an einem deutschen Ostseestrand in den 80-er Jahren zieht zwei junge Menschen in den Strudel leidenschaftlicher Verstrickung. Heute werden sie sich wiedersehen und einer nie gestellten Frage gegenüberstehen. Diesmal stünde ihnen nichts mehr im Wege.

 

Die BDSM-Geschichte lesen: »Mauersegler« von Nachtasou

Söldner

Autor. Korrektor.

15.02.2020 um 06:56 Uhr

Ich erlebe, dass Du mir nichts erklären möchtest. Nicht einmal verdeckt. Weißt Du, was ich damit meine? Du nimmst dich völlig raus. Das ist kein Text, der in zwei Tagen geschrieben wird, keine gute, schnelle Geschichte mit Pointe, Aha-Effekt und Überraschung. Ich denke, Du hast an der Geschichte wie ein Bildhauer gesessen.

Weisheit ist ein Zustand, in dem der Mensch aufhört, Anderen die Welt erklären zu wollen. Du gehst noch einen Schritt weiter. Du zeigst ohne Wertung, und das ist ein Kunststück.

Gehen wir in den Text? Zu Beginn Spiel mit den Zeiten, Gegenwart, Vergangenheit, ich lese unruhig.

Beim ersten Dialog am Telefon halte ich die Luft an. Ein Knistern, ruhend auf intensivem, besonderem Kennen über Zeiten, eine Begegnung nach der Schlacht. Und hier könnte schon Schluss sein.

Der Rückblick zieht mich so in vergangene Zeit, dass ich teilnehme. Wie sich Harry bemüht, ist mir fast unangenehm, das kenne ich, es holt mich ein.

Der sanfte SM-Kontext wirkt auf mich zu Beginn fast störend, als hätte ein Gärtner Koniferen zwischen Lilien und Rosen gesetzt, weil es der Hausherr so vorgibt. Aber gleich darauf dreht sich die Szene, schafft eine besondere Basis, macht vertraut, wird wichtig. Und was für eine Stimmung, so zeitlos der Sand, das Meer, Kiefern und Geruch nach Sommer. Harry und Katja glauben auf unterschiedliche Weise, einen Bund schließen zu können in Sommer und Getreide fern der Macht. Fort scheint die Monstrosität, das Große, die Einflussnahme der Zeit. Und Katja? Mensch, Nachtasou, ich denke, den eigentlichen Hammer in Deiner Geschichte wird man überlesen. Aber er ist nicht mehr wichtig. Manchmal braucht es dreißig Jahre bis Dinge gehen, bis genug Milde ist.

Doch irgendwo war da etwas, das Harry und auch Katja durch die Zeiten trug, stärker als jedes System, aber auch filigraner und verletzlicher.

Gut tat es mir, eine Geschichte von jemandem zu lesen, der weiß, worüber er schreibt.

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Tek Wolf

Autor.

15.02.2020 um 14:32 Uhr

Lieber Nachtasou, das ist ja fast ein kleiner Roman, und was für einer. Schillernd, voller Emotionen, schöner Details, Orte, Beschreibungen. Ich kann mir kaum vorstellen, wie viel Arbeit da drinsteckt. Aber ich weiß, es ist viel Talent mit verbaut. Eine wirklich tolle, gefühlvolle Geschichte, die zwei Leben beschreibt, die zusammenlaufen und wieder auseinanderdriften. Hiebe in Zeiten der Mauer. Du kannst es nicht sehen, aber ich ziehe gerade den virtuellen Hut vor dir und verbeuge mich tief. Da hast du ein tolles Stück Literatur geschaffen. Danke, dass wir es lesen durften.

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16.02.2020 um 10:58 Uhr

Brilliant geschrieben.

Danke für die anregende Sonntag-Morgen-Lektüre.

M.

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Onmymind

Autorin.

29.02.2020 um 13:07 Uhr

Ich habe so meine Probleme, aussagekräftige Kritiken zu schreiben. Ein Dilemma, denn dieses Stück Literatur, da stimme ich ganz mit Söldner überein, verdient nichts anderes. Mit Bewunderung lese ich hier, wie es so manchen gelingt. Seit ich den Mauersegler gelesen habe, der auch mein absoluter Favorit dieses Wettbewerbs war, überlege ich, wie ich es am besten formulieren soll. 

Zum Titel: Der Mauersegler ähnelt laut Wikipedia der Schwalbe und ist ein „Langstreckenzieher“. Wie bezeichnend. Obwohl die Entfernung zwischen Ost und West nicht unbedingt weit ist, war es doch so fern. Ich stelle mir einen Vogel vor, wie er seine Flügel ausbreitet und über die Mauer segelt. Das Bild von Freiheit und blauem Himmel wird unterbrochen, wenn ich den Blick senke. Authentisch. Der Autor hat es selbst erlebt. Das wird sofort klar. Gleich nach den ersten Zeilen. Ich meine keine geographischen Fakten, die könnte ich als Österreicherin recherchieren, es geht um ein bestimmtes Sehnen.

Zu Beginn Harry, der im Zug sitzt, gen Osten fährt und sich an früher erinnert. Lange ist der diese Strecke nicht mehr gefahren. Seine Großeltern werden liebevoll und bodenständig beschrieben. Ich möchte am liebsten mehr über die beiden erfahren.

Der Grund seiner Reise ist Katja, an die er sich erinnert. Er beschreibt es als Affaire, doch es war viel mehr als das. Hach, Katja … Nachtasou schafft es, das ich mir alles bildlich vorstellen kann. Die Szene am Strand ist atemberaubend mit all den kleinen Details. Der feuchte Sand – seufz – das Wasser, Sonne auf der Haut. BDSM ist hier nicht klischeehaft sondern ganz natürlich. Und dazwischen so viel Gefühl und das völlig unaufdringlich, fast nebenbei. Sie entfremden sich, eine Mauer trennt sie. Doch die Mauer steht nicht mehr und die Zeit ist nicht von Dauer.

Es sind so viele Nuancen, als wäre es ein ganzer Roman und darin liegt für mich die eigentliche Faszination.

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Nachtasou

Autor. Korrektor.

22.03.2020 um 01:16 Uhr

Tek Wolf und Missisippi: danke für´s Kommentieren. Onmymind, ja, ein Mauersegler ist ein Vogel, der sogar im Flug schläft. Hanne-Lotte hat dankenswerterweise einige kulturelle Schnitzer ausgebügelt. Söldner, Dir entgeht nichts *g.

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17.08.2020 um 00:37 Uhr

Sehr schöne lange Geschichte, danke für die Mühe.

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Hekate

Autorin.

24.10.2020 um 04:43 Uhr

Ja, die Deutschen, könnt ich sagen. Aber wir waren ja auch dabei in Wien, ich sehe die Bilder. Aber nach dem Krieg natürlich nicht. Ist schon eine ganz heiße Sache, was die gemacht haben in ihrem Deutschland. Und wie das nachwirkt, das Zweiländerding. Und dabei ist jeder auf seiner Seite so wichtig, so überzeugt, so klar, bis die Papphäuser zusammenfallen. Da bleibt nicht viel für Liebe. Nur armselige Versuche. Die Zeit frisst die Jahre. Was für eine Melancholie im Text. Was für ein Fundstück, wie Bernstein und Hühnergott geeint ist diese Geschichte. So ein Tiefgang in einer SM-Story ist rar. Und immer zeigend, nie wertend. Weißt du, was das ist? Ein Film. Aber ich fürchte, fürs Fernsehen ist er zu gut.

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