Heiße Liebe, bitte
Mats wollte sich bei Miriam und Lydia dafür bedanken, dass sie ihm auf die Analysis-Sprünge ge- und damit zu immerhin sechs Punkten in der Mathe-Klausur verholfen hatten. So konnte er das vermaledeite Fach endlich abwählen. Zwei Grundkurse, die er für die Zulassung zum Abitur im kommenden Jahr brauchte, hatte er jetzt in der Tasche. Und zwanzig Mark. Die sollten für drei Eisbecher genügen.
Mit fünfminütiger Verspätung – Mädels, dachte Mats und verdrehte die Augen – kamen seine beiden Mitschülerinnen am Eissalon an. Lydia mit Bermudashorts und einem gelben Top. Miriam mit einem kurzen, geblümten Kleid. Sie trug Hosen nur in Ausnahmefällen und war damit selbst eine Ausnahme unter den jungen Frauen in der Oberstufe. Rock oder Hose: Mats sah vier lange, schlanke, sonnengebräunte Beine und zwei strahlend-blaue Augenpaare. Nicht schlecht.
Sie fanden einen Platz draußen in dem schönen Hinterhof, der willkommenen Schatten bot bei den hochsommerlichen Temperaturen, und studierten die Karte.
Lydia hatte sich schnell für ein Spaghettieis entschieden, Mats für einen Früchtebecher.
Und Miriam? Miriam zögerte.
Sie liebte Vanilleeis mit Himbeeren. Die Karte versprach ein besonders cremig Geschlagenes mit echter Vanille und heißen Früchten. Aber konnte sie sich ein Eis bestellen, dass „Heiße Liebe“ heißt, wenn Mats sie eingeladen hatte? Würde er das falsch oder könnte er es richtig verstehen? Und warum sah er sie so amüsiert an?
Miriam war versucht, auf dem Stuhl hin und her zu rutschen. Nicht nur die beinahe klebende Verbindung ihrer Oberschenkel mit dem roten Kunstlederpolster verhinderte das, sondern auch eine innere Stimme. So weit kommt es noch, dass ich hier verlegen herumzappele, dachte sie und sagte „Heiße Liebe, bitte“ zu der Bedienung, die fragend vor ihr stand.
- Textende -
Und wo bleibt jetzt mein Eis?
Büromittagspausengruß
Wölfin