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Forum - BDSM - BDSM-Beziehungen

D/s und gleichberechtigte Beziehung - kann das funktionieren?

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Campanula

Autorin.

15.11.2021 um 09:39 Uhr

Hallo, ihr Lieben!

 

Anlass für diesen Thread ist die Aussage eines Paartherapeuten, der mir im Brustton der Überzeugung verkündete, dass es nicht möglich sei, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen und dennoch erfüllenden D/s-Sex mit dem Partner zu haben. Er begründete dies damit, dass es zu schwierig sei, immer wieder von der einen auf die andere Ebene zu wechseln. Menschen hätten keinen Schalter, den sie umlegen könnten. In seiner Praxis habe er bislang nur und ausschließlich Paare getroffen, die ihre BDSM-Neigung außerhalb der festen Partnerschaft mit Dritten ausleben würden.

 

Das würde mich nun natürlich interessieren: Denkt ihr, er hat recht? Funktioniert D/s in einer Beziehung nur, wenn diese Dynamik auch den Alltag durchzieht, wenn Dom mehr oder weniger immer Dom und Sub prinzipiell immer Sub ist? Oder kann es auch funktionieren, wenn die beiden sich im Alltag gleichberechtigt und auf Augenhöhe begegnen und sich das D/s ausschließlich auf klar umgrenzte Zeiträume beschränkt, auf erotische Auszeiten, die sich beide nehmen, um in die anderen Rollen zu schlüpfen? Und falls ja, wie kann das gelingen? Braucht es bestimmte "Übergangsrituale", um vom einen Zustand in den anderen zu wechseln? Oder blockiert der Alltag als gleichberechtigtes Paar grundsätzlich jede Form von D/s? Die Aussage des Therapeuten in diesem Zusammenhang war: "Wenn die Erotik Raum bekommen soll, muss die Freundschaft weichen. Und wenn die Freundschaft stark ist, muss die Erotik schwinden."

 

Wie seht ihr das?

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Ambiente

Autorin. Förderer.

15.11.2021 um 10:24 Uhr

Hallo Campanula,

 

was heißt denn hier Freundschaft?

 

Bei einem Paar ist doch wohl mehr da als Freundschaft.

 

Ich kenne zumindest ein Paar, bei den devot/dominant durchweg gelebt wird.

 

Für mich persönlich kann ich nur sagen: Es kann funktionieren. Mein Gatterich ist eine sehr starke Persönlichkeit, dennoch ist er der, der dient, wenn wir in eine Session gehen.

 

Mein Gedanke zum Therapeuten: Er wird wahrscheinlich viel (theoretisches) Wissen haben, aber selbst kein BDSM lebt. Mit anderen Worten: Da will ein Blinder einem anderen die Farben erklären.

 

Wir lesen uns

Ambi

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Campanula

Autorin.

15.11.2021 um 10:32 Uhr

Liebe Ambi,

 

darf ich da gleich noch mal nachhaken? Habe ich das richtig verstanden, dass dein Mann und du im Alltag eine Beziehung auf Augenhöhe leben, es dann aber klar umgrenzte Sessions gibt, in denen ihr in die D/s-Rollen schlüpft? Wie gestaltet sich das denn bei euch? Vollzieht sich dieser Übergang völlig mühelos und fließend oder habt ihr gewisse Symbole oder Rituale, die den Übergang markieren? Wie gelingt es euch, aus dem Alltagsbewusstsein in die Rollen hineinzufinden?

 

Liebe Grüße

Campanula

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Devana

Autorin. Korrektorin. Teammitglied.

15.11.2021 um 12:56 Uhr

Hallo Campanula,

 

also ich würde ja schon behaupten, dass Jona und ich eine durchgängige D/s-Beziehung führen, in der wir uns dennoch auf Augenhöhe begegnen.

Das D/s zieht sich bei uns durch viele kleine Rituale durch den Alltag. Ein Nichtbeteiligter würde das aber gar nicht merken. Das Umschalten von Alltag zur Session wird meistens durch irgendeinen eindeutigen Befehl oder eine eindeutige Handlung "eingeläutet". Natürlich fällt es manchmal schwer, den Kopf dahingehend umzuschalten, aber ich denke, das ist generell oft das Problem. Selbst wenn man seine BDSM-Leidenschaft außerhalb der eigenen Beziehung auslebt, kann dieses Umschalten schwerfallen.

 

Aber die Frage war ja auch die Augenhöhe. Ich denke, da kommt es auch ganz viel darauf an, wie der dominante Part den Partner wahrnimmt und behandelt.

Jona nimmt mich im Alltag als gleichberechtigte Partnerin wahr. Das betrifft zum Beispiel Gespräche, Alltagsentscheidungen, Beruf, Familie usw.

Auch intellektuell begegnen wir uns auf Augenhöhe. Sicherlich hat jeder von uns Bereiche, in denen er sich besser auskennt als der andere, aber das ist völlig normal.

Ich habe ganz bewusst Jona meine Unterwerfung angeboten, aber das funktioniert nur, weil ich das Vertrauen in ihn habe, dass er damit respektvoll umgeht. Dazu gehört zum Beispiel auch, dass er sich zurücknimmt, wenn mein Alltag gerade nichts anderes zulässt.

 

Die wesentliche Stichworte, wenn es um eine D/s-Beziehung innerhalb einer Beziehung auf Augenhöhe geht, sind für mich also: Respekt, Vertrauen und Realismus.

 

Liebe Grüße

Devana

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Tek Wolf

Autor.

15.11.2021 um 14:46 Uhr

Auch für mich war BDSM immer etwas, dass in seiner eigenen Zeit existiert, die beide wählen. Außerhalb davon habe ich stehts eine Beziehung auf Augenhöhe angestrebt. Es schien mir nicht fair im alltäglichen Zusammensein auch noch dominant zu sein, abgesehen davon, dass es auf diese Weise schwer ist, Liebe auszudrücken. Außerdem war mir diese Form der „Beziehung“ zu nah an dem, was manche Schein-Doms dazu benutzen um Frauen in jeder nur erdenklichen Weise auszubeuten.

Dennoch ist mir häufig begegnet, dass sich die Subs eine gewisse Führung im Alltag gewünscht haben, manchmal mehr und manchmal weniger. Ich kann das sogar nachvollziehen, denn sich jemandem ein wenig auszuliefern (dem man natürlich vertraut und vertrauen kann) hat Vorteile. Es kommt ein wenig Spannung in den Alltag, Grübeleien um kleine Entscheidungen kann man ruhig dem Partner überlassen und es ist eine Möglichkeit eine gewisse Nähe zu erfahren. Außerdem verlagert sich die Existenz bei bisschen mehr vom Denken und Planen hin zum Fühlen und bloßem Sein. Auch das eine interessante Erfahrung.

Auf der Dom-Seite wiederum kann man einen Führsorgedrang, wenn man denn dazu neigt, befriedigen. Auch ist es möglich mit Nähe und Distanz ein wenig spielen, sehen, was verschiedenes Verhalten mit einem selbst, dem Partner und der Beziehung macht. Auf so etwas verzichten viele, „normale“ Beziehungen weil sie ihre eingespielte Zweisamkeit nicht gefährden wollen.

Die Schattenseite ist, dass ein verantwortungsbewusster Dom sich immer Gedanken um den Sub machen muss, der sich ihm anvertraut. Zwar hat man die Freiheit der Befehlsgewalt aber eben auch die Verantwortung, was heißt, dass man sich nie so richtig treiben lassen kann. Ich möchte das mal scherzhaft mit Superman und Louis Lane vergleichen. Klar kann der Mann aus Stahl über Hochhäuser springen und Autos hochheben, aber er muss eben auch immer auf Zack sein, falls seine Freundin mal wieder von einem Dach stürzt. Miss Lane hingegen ist zwar sterblich und mit vergleichsweise schwachen Fähigkeiten ausgerüstet, doch sie kann forsch sein und abenteuerlustig, denn wenn sie in Gefahr gerät ist ihr Beschützer mit dem roten Cape sofort zur Stelle.

Im Grunde ein altbackenes Konzept, der Mann als Bestimmer und die Frau, die sich unterordnet. (Ich gehe hier jetzt nicht auf die Genderverwicklungen ein, wenn es um Domse und Subber geht, man möge mir verzeihen.) Vielleicht ist hier die D/S-Beziehung eine moderne Möglichkeit, wenn sich beide für so ein Konzept entscheiden und sich darin wohlfühlen. Im Grunde ist es also eine Sache der Details, des Konsenses und viel, viel Kommunikation.

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Meister Y

Autor. Förderer.

15.11.2021 um 15:52 Uhr

Tek Wolf

Im Grunde ist es also eine Sache der Details, des Konsenses und viel, viel Kommunikation.

Liebe Campanula, besser kann man die Frage wohl nicht beantworten.

 

Der Therapeut hat in einer Sache recht, Menschen haben keinen Schalter, mit dem man bestimmte Dinge an- oder abstellen kann. Von daher frage ich mal zu der bestehenden Fragestellung, ob ein wirklich dominanter Mensch seine Dominanz abstellen, ob ein wirklich submissiver Mensch seine Submission abstellen kann, um in einer Beziehung auf Augenhöhe zu sein? Wie genau definieren wir Augenhöhe?

Ich kann für mich sagen, dass ich einfach bin wie ich bin und da gibt es nichts zu verbergen und/oder abzustellen, wenn es darum geht, gemeinsam mit Sub auf die unendlich vielen Fragen des Lebens Antworten auf Augenhöhe zu finden. Wenn es darum geht familiäre oder berufliche Entscheidungen zu treffen usw. Wenn die Vetrauensbasis stimmt, kann man, das ist zumindest meine Erfahrung, eine Beziehung auf Augenhöhe führen und trotzdem oder gerade deswegen gemeinsam D/S leben.

Sicher wird dies nicht in jeder Konstellation funktionieren, sicher kann das scheitern aber grundsätzlich zu sagen, dass es nicht gehen kann ist aus meiner Erfahrung falsch.

Ich möchte Tek Wolf noch bei einer anderen Bemerkung recht geben. Gerade beruflich stark geforderte, submissive Menschen suchen gern nach Halt und Führung in einer Beziehung, sind froh, Entscheidungen in andere Hände geben zu können, sehnen sich danach, sich nicht auch noch im familiären Alltag "beweisen" zu müssen. Hier steigt natürlich die Verantwortung des dominanten Parts, kommt sozusagen auch noch die Fürsorgepflicht dazu. Aber auch das bedeutet nicht, dass man dann nicht mehr in der Lage ist, den Alltag auf Augenhöhe zu meistern.

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Katika

Autorin. Förderer.

16.11.2021 um 08:12 Uhr

Liebe Campanula,

Ich glaube nicht, dass Dein Therapeut irgendwelche eigenen Erfahrungen in BDSM hat. Er kann es nicht fühlen und daher auch nicht nachvollziehen, was es bedeutet, submissiv oder dominant zu sein. So etwas kann durch Erzählen alleine nicht vermittelt werden habe ich festgestellt.

 

Ich glaube auch nicht, dass es  einen Schalter gibt, der umgelegt werden kann.

 

Vertrauen und Respekt sind die Basis eines jeden Miteinander egal ob Freundschaft oder Partnerschaft. 

 

Doch deine Frage war auch, ob sich D/s, Erotik und gleichberechtigtes Miteinander ausschließen. Das würde ich ganz deutlich verneinen.

Ich kann mir sicher sein, von meinem Herrn im Alltag als gleichberechtigt wahrgenommen und respektiert zu werden. Wenn ich jedoch nachfrage, bekomme ich einen Ratschlag, egal ob beruflich oder privat. Ich genieße es auch sehr, wenn mir Entscheidungen abgenommen werden.

Das nimmt mir ganz viel Druck und macht mich glücklich.

 

Mein Herr alleine entscheidet drüber, wann die Erotik Raum erhält. Das kann durch den Tonfall, die Wortwahl, eine Geste, ein Blick sein… 

Für mich ist das Machtgefälle immer spürbar und ich genieße es, als Sub fühlen zu dürfen.

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Sophie Amalia

Autorin.

16.11.2021 um 20:37 Uhr

Ich habe schon oft gelesen und auch von Bekannten gehört, dass Liebe das BDSM behindert, denn Top wird nachsichtiger und weniger sadistisch. Ich denke, so meint der Therapeut seine Ausssage, dass "Freundschaft weichen muss", wenn das D/s zum Vorschein kommen soll.

 

Was die Augenhöhe betrifft... hat denn eine Beziehung auf Augenhöhe wirklich Augenhöhe in jeder Hinsicht? Einer kann besser mit Geld umgehen, der andere trifft eher Entscheidungen was Baumaßnahmen angeht, und so zieht sich das durch jeden einzelnen Punkt einer Beziehung. In Summe wird also von Augenhöhe gesprochen, obwohl wir mal mehr, mal weniger tonangebend sind entsprechend unserer Interessen/Fähigkeiten und das auch sein dürfen, weil gegenseitiges Vertrauen und gegenseitiger Respekt vorhanden sind. Dennoch besteht in einer D/s-Beziehung bei aller Augenhöhe im Alltag immer ein latentes Machtgefälle, soweit ist das meine Meinung, denn wir haben unsere Neigung schließlich in uns. Für manche reicht dann lediglich ein Blick, um es zu verstärken, andere benötigen eine gewisse Vorlaufzeit und ein Ritual.

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Gelöscht.

16.11.2021 um 22:52 Uhr

Sämtliche Beiträge, egal, für welche Behauptung sie Partei ergreifen, sind nie zu 100% falsch oder zu 100% richtig. Es kommt immer auf die eigene Definition solcher Begriffe wie: Augenhöhe, Machtgefälle, usw. an. Das Problem ist in einer BDSM-freien Beziehung noch größer, glaube ich. Im Kontext von "erfülltem Sex" geht so mancher Konflikt durch. Der Verweis auf das Sozialverhalten der Bonobos soll hier nur illustrieren.😊 Es fühlen sich auch nicht alle Personen befreit, wenn man ihnen Gleichberechtigung und Selbstbestimmung gibt. 

"Gott hat den Menschen erschaffen, weil er vom Affen enttäuscht war. Danach hat er auf weitere Experimente verzichtet." Mark Twain

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Ambiente

Autorin. Förderer.

17.11.2021 um 10:30 Uhr

Liebe Campanula,

 

es ist sehr viel, was auf ein Paar einströmt, wenn es sich kennenlernt. Nicht jeder ist sich sofort bewusst, wo sein Platz ist.

 

Vor 29 Jahren waren wir an dem Punkt, dass wir wussten, BDSM ist etwas wichtiges in unserem Liebesleben.

 

Ich hatte schon etwas Erfahrung, Cubi - mein jetziger Göttergatte - hatte nur Gedanken in seinem Kopf, Gedanken, die ihn sehr angemacht haben.

 

Vieles Hat sich inzwischen verändert: Zu Beginn waren wir Beide mal Sub mal Dom. Das hat sich inzwischen völlig geändert, ich bin zu mehr als 90 % der dominante Part.

 

Auch wir standen damals vor der Frage: Wann beginnt es - wie beginnt es?

Bei uns war es so: Dominierte Cubi mich, signalisierte er mir mit einem Fingerschnippen, es ist soweit: Nach kurzer Zeit hatte es sich so bei mir gefestigt, dass ich nach dem Schnippen sofort auf die Knie ging. Das Ende Session war sein Kuss auf meine Stirn.

 

Bei ihm gestaltete sich alles etwas schwieriger, da er ein Kopfmensch ist. Er konnte nicht so - wie ich - einfach umschalten. Ich habe ihn dann immer zu mir gerufen: Habe ihn angeschaut und gesagt: Wenn du soweit bist - lege Dich auf den Bauch, Deine Stirn auf die angewinkelten Arme. Er hatte so die Möglichkeit, mir seine Bereitschaft zu zeigen. Ich wartete dann mal kurz, mal länger auf den Moment, den ich für richtig erachtete, zu beginnen. Es hat damals funktioniert.

 

Heute ist es anders, ganz anders. Wir kennen uns besser, will ich ihn, zeige ich es ihm durch Berührungen, wenn ich an seinen Augen sehe, es packt ihn, dann schicke ich ihn hoch in unser Zimmer, dort wartet er dann auch mich.

 

Übrigens habe ich von einem Freund mal erfahren, dass er seiner Partnerin den Raum gibt, den sie bracht um sich zu erden. 

 

Ich finde das sehr gut, ein Ritual um sich frei zu machen, für das was kommt.

 

Liebe Campanula, Cubi und ich haben damals viel geredet. Reden hilft und Fragen und Unsicherheiten, können nur durch reden helfen. Es gibt übrigens keine dummen Fragen

 

Ich hoffe, ich konnte etwas helfen.

 

wir lesen uns

ambi

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