Das ist ein echtes Luxus-Problem, Jona.
Es setzt voraus, dass ein Paar bereits viel und über lange Zeit miteinander »praktizierte«.
Ich verfüge zwar über keine haltbaren Statistiken, aber für die Mehrheit dürfte das »viel und über lange Zeit als Paar« ein eher erstrebenswerter Zustand sein, für den man zeitweilige Rat-, Einfalls- oder gar Lustlosigkeit gern in Kauf nähme.
Nichtsdestoweniger hat die Frage ihre Berechtigung; wie jede ernsthafte Frage.
Ich glaube gar, dass sich diese Zustände notwendig in jeder Form von Sexualität einstellen. Je spezifischer die Neigungen sind, desto früher. Vermutlich gehören sie zur Paarsexualität sogar dazu, ich nenn´s mal »biologische Aufgabe«. Der Grund ist, dass Sexualität eben nicht nur dem Lustgewinn dient, sondern der Beziehungsqualität. Gemeinsam bewältigte Problemzeiten lassen näher zusammenrücken. Senioren, wenn man sie befragt, wissen davon zu berichten. Manche sagen sogar, sie hätten mit ein und derselben Person mehrmals wieder beginnen müssen, weil alles darnieder lag. Zumindest war das »früher« so, als Trennung nicht Allzweck-Problemlöser war.
Am besten dürften »Polyperverse« fahren (*g), also solche, die in ihren Neigungen wenig festgelegt sind. Die haben, logisch, das breiteste Sortiment zur Auswahl und müssen am wenigsten die Phantasie bemühen, sondern einfach offen sein für Neues. Ein BDSM-ler kämpft nicht nur um Offenheit (was schwer genug ist), sondern darum, ob es denn erregt, wenn es fern der Neigung ist. Einem Nylonfetischisten ist die Wollsocke zwar neu, aber zu fern. Sie kommt nicht näher, da kann er sich auf den Kopf stellen, sonst wäre er kein Fetischist.
Eine D/S-Beziehung ist spezifisch. Schon ein »Rollenwechsel« könnte das Fundament in Frage stellen. Wenn sich eine Sub nach 20 Jahren auf einmal als Dommse probieren will, bräucht´s mehr als Offenheit beim Gegenüber. Und so eine/n Nolens-Volens-Sex will man ja auch nicht.
Stressphasen im Leben gibt es unausweichlich, beruflich, finanziell, familiär, wie auch immer. Dieser legt Kreativität von Natur aus lahm. Einfallslose Zeiten sind vorprogrammiert. Anstatt vom aktiven Part dann das Unmögliche zu erwarten, kann eine Weile Geduld oder gar Verzicht seitens des Gegenübers eine Lösung sein, ohne ihn noch mehr unter Druck zu setzen.
Jetzt komme ich zum Genuss-Thema. Der träge Bratkartoffel-Sex als Einschlafhilfe erspart das Mirtazapin oder ein Work-Out. Das ist wie beim Essen. Jeden Tag ein Mehrgänge-Menü verdirbt den Appetit. Das ist leicht gesagt, ich weiß. Aber schon nach zwei Wochen tollem Sex stellt sich bei mir eine Form des Bedauerns ein, weil das Wünschen halt auch so schön ist, und nachlässt, und die Gegenwart nicht mehr zu toppen ist. Das ist ein blöder, nicht abschaltbarer Vorgang. Da hilft nur Pause machen und mal wieder hungern. Außerdem ist die (Über)-Sättigung auch dem Gegenüber anzumerken und kränkt dann das eigene Ego (weil man ja selbst appetitlich sein möchte *g).
Ich kenne das von Schreibblockaden. Wenn ich mir beim Tippen auf einmal sage: »Och nee, nich das schon wieder«. Unter dem Strich sind es halt doch nicht die Techniken, sondern der Trieb, der die Energie zur Lust liefert. Da nutzt die schönste Verpackung nicht, das Viech krepiert. Dann heißt es warten und keine Panik kriegen. Vielleicht gilt das auch für die Partnerschaft. Lösung: Das Gegenüber ein paar Tage zur Schwiegermutter oder auf Reha schicken. Oder selbst den Garten umgraben.
Das mit der Ratgeber-Literatur, die Drachenlady anführt, ist keine Schande. Auch wenn nur 2% verwertbar sind, die eine oder andere Anregung ist immer drin. Das ist kein Zeichen eigener Gedankenarmut.
Verlustangst bekomme ich dann:
Ich: »Aber das hat Dir doch immer gefallen.«
Sie: »Jetzt aber nicht mehr.«
Dann setzt diese Lawine im Denken ein: Jetzt geht alles den Bach runter.
Tatsächlich ist es Ausdruck von Veränderung. Gesunde Menschen verändern sich. Wenn ein Interesse schwindet, keimen neue auf. Die sind dem Betroffenen selbst nicht immer parat. Ich meine, da hilft experimentieren mehr als fragen.
Zumindest in der Theorie. Andernfalls ist wirklich der Wurm drin und die Beziehung stimmt nicht mehr. Ich fand das schwer zu unterscheiden. Denn sexuelle Probleme, und Routine ist eines, können Anzeiger sein von grundlegenderen Beziehungsmüdigkeiten. In dem Fall nutzt ein Aufpolieren der Sexualität nicht.
Die Frage an eine Partnerin in dieser Form: "Hast Du Ideen, was ich machen könnte?" geht natürlich gar nicht und würde ich so nur stellen, wenn ich kränken will.